vignetten

gerade bin ich zwei stunden lang mit dem rad gefahren. wobei mäandert eher zutrifft. ich bin kurz in der alten heimat, und das wetter ist so schön, da habe ich beschlossen orte von früher aufzusuchen.

weil ich das schon lange nicht mehr getan habe biege ich hier und da falsch ab, gleich am anfang verliere ich zwischen den neugebauten supermärkten am rand des erweiterten flughafenrollfelds die orientierung, aber das macht nichts, denn dafür weiß ich jetzt, wo die zeugen jehovas ihren königreichsaal haben.

mitten im aufwändig deregulierten bachbett der glan sitzt eine frau in einem hellblauen tshirt und spielt mit ihren zwei chihuahuas. weiter vorne badet eine frau im bikini im eiskalten wasser und lässt sich die sonne ins gesicht scheinen. ich stelle fest, wie anders der sommer hier riecht, nach vertrocknetem gras und erhitztem holz.

richtung fürstenbrunn überhole ich eine reiterin, später fahre ich durch das schloss glanegg, und dann die moosstraße richtung stadt. der plan wäre anders gewesen, nämlich bei dem einen gasthaus einen zwischenstopp einzulegen und einen gemischten most zu bestellen, aber ich fahre offensichtlich zu früh nach links.

auf dem weg in die stadt fällt mir ein straßenname auf, den ich vage mit meiner verstorbenen großmutter verbinde, also fahre ich links und dann immer der straße entlang, mit so einer ahnung, dass ich dann zu dem ehemaligen großelterngrundstück gelangen würde, und nachdem ich einen ort von vor einer stunde erneut passiert habe, geht es noch ein stück weiter, und irgendwann denke ich, dass es das sein muss. aber alles sieht so fremd aus, mit neuen häusern, verbauten wiesen, und ich kann irgendwie nicht stehen bleiben.

„bei dem nächsten gasthaus rechts abbiegen“ sagt mein innerer navigator, und plötzlich fällt mir ein, dass mein gesangslehrer hier gewohnt hat, der sicherlich lange vor mir gemerkt hatte, dass ich nicht zum singen zu ihm komme, sondern damit wir eine zigarette rauchen und über das leben sprechen. später hatte er mit dem rauchen aufhören müssen, sprichwörtlich schweren herzens, und sein herz wollte dann trotzdem bald nicht mehr und er ist gestorben.

rechts durch den schattigen wald komme ich irgendwann wieder zur glan und später zur mosstraße zurück, und ich erinnere mich dunkel an eine querverbindung zum leopoldskroner weiher. ich kaufe wasser bei einer tankstelle, sonnencreme gibt es dort leider nicht, aber woher hätte ich denn beim losfahren wissen sollen, dass ich stundenlang in der mittagshitze durch die alte heimat kurven würde. „hast dir eh die nase eingschmiert?“ höre ich meine besorgte mutter im hinterkopf. ja mama, hab ich, vor dem wegfahren. (und mama hat recht, ich bekomme in der sonne rasend schnell eine rote nase, das ist nicht nur gefährlich sondern es sieht auch unschön aus.)

fast bin ich versucht den schlenker über nonntal nach hellbrunn zu machen, aber die hitze treibt mich zurück nach hause. ins alte zuhause.

und auch wenn es das alte zuhause real bald nicht mehr gibt weil die eltern ihr haus verkaufen werden, so bleiben die orte von früher bestehen. das ist beruhigend.

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