Als Kind habe ich Bücher verschlungen. In meiner Familie wurde viel gelesen, ich durfte es sogar am Mittagstisch (danke, liebe Eltern!) und habe einfach dauernd und überall gelesen. Lesen war für mich schon als Kind oft verführerischer als das echte Leben draußen. Und das Regal mit meinen alten Kinderbüchern ist heute immer noch mein wertvollster Besitz.
Aber irgendwann habe ich zu lesen aufgehört. Es kam schleichend, und der Grund war rückblickend gesehen wohl mein Germanistikstudium. Plötzlich musste ich lesen, ich musste das Gelesene interpretieren, ich musste eine bestimmte Seitenzahl bis zu einem Stichtag weglesen. Daneben hatte ich auch beruflich mit Texten zu tun, und zwar am Theater, wo ich einige Jahre als Regieassistentin durch die Lande zog und jeden Tag Theaterstücke vor mir hatte. Dieses Lesen aus der Lust heraus, in andere Welten einzutauchen, war verschwunden.
Ich weiß den Titel des Buchs nicht mehr, das ich nach vielen Jahren wieder freiwillig und nur für mich selbst gelesen habe, aber das Datum: Es war der Tag, nachdem ich die letzte Prüfung des Germanistikstudiums gemacht hatte. Trotzdem kam ich nie mehr so ins Lesen zurück wie in meiner Kindheit. Denn seit über 10 Jahren habe ich wieder einen Beruf, in dem ich hauptsächlich (Drehbuch-)Texte lese. Und nach einem langen Arbeitstag fällt es mir oft schwer fällt, abends nochmal in eine neue fiktionale Welt einzusteigen, nachdem ich tagsüber schon beim Drehbuchlesen zwischen mehreren hin- und herspringen musste. Dazu kommt ja noch die Sache mit dem Internet. Denn ich lese ja ungemein viel neben den Drehbüchern: Artikel, die jemand auf Facebook verlinkt, Blogs, ich sehe mir Videos an – ich lese genau genommen sicher viel mehr als früher. Nur eben keine Romane.
Vor einiger Zeit hat mich aber die Sehnsucht nach dem echten Lesen so gepackt, dass ich begonnen habe, mich im Freundeskreis umzuhören. Wie lesen meine Freundinnen und Freunde? Wann? Welche Lesegewohnheiten gibt es? Auf Papier oder mit dem E-Reader? Und weil ich natürlich die besten Freunde der Welt habe, sagte I. vor einigen Wochen. „Komm, wir gründen einen Buchclub.“ Und ich so: „Stress!“ Und I. so: „Zu zweit, ohne Druck.“ Und außerdem hat sie gesagt: „Du meldest dich jetzt bei Goodreads an. Du machst doch eh alles mit Apps, das ist sicher was für dich.“
I. hatte recht. Ich benutze jetzt meinen E-Reader regelmäßig, habe letzte Woche meinen Bibliotheksausweis verlängert (habe ich übrigens schon erwähnt, dass meine Bücherei einen der lustigsten Social Media Accounts hat?) und in meinem Bücherregal den „Will ich endlich lesen“-Stapel einen prominenten Platz eingeräumt.
Wobei ich anfangs Schwierigkeiten hatte, reinzukommen. Wenn ich vor dem Schlafengehen lese, werde ich nach 15 Minuten so müde, dass ich einschlafe. Unter tags finden sich auch selten mehr als 20 Minuten am Stück, wo ich konzentriert lese. Bleibt quasi nur das Wochenende. Ich habe mir aber meinen Tagesablauf näher angesehen, und gemerkt, dass es einen Screen gibt, den ich quasi permanent vor mir habe: Mein iPhone. Also hat jetzt ein eBook-Reader seinen fixen Platz auf dem Homescreen, und statt zum 100. Mal Facebook zu checken oder ein Handyspiel zu spielen, lese ich in den vielen Warteminuten in der Ubahn, vor Terminen usw. meine Bücher weiter.
Was ich gerade so lese, könnt ihr übrigens auf meinem Goodreads-Account nachlesen. Rezensionen schreibe ich momentan keine, vielleicht kommt das noch. Ich habe gerade Dave Eggers „The Circle“ gelesen, mit gemischten Gefühlen (Kurzversion: Das Buch ist für mich reichlich eindimensional und aufgeblasen, obwohl ich das Thema sehr spannend finde).
Mich interessieren jetzt aber eure Lesegewohnheiten: Wie und wann lest ihr? Wie schafft ihr es, das Lesen zu einer Gewohnheit zu machen, die in eurem Alltag einen fixen Platz hat? Und natürlich auch: Was lest ihr? Schreibt mir doch dazu etwas in die Kommentare, wenn ihr Lust habt!