Viennale’09: Man tänker sitt/ Burrowing

Ich habe einen Hang zum Norden. Deshalb greife ich nach jeder Gelegenheit skandinavische Filme zu sehen. Viel Spielraum lässt mir die Viennale dazu traditionellerweise nicht; hätte ich ein Fable fürs Asiatische, käme ich viel mehr auf meine Kosten. Aber was will man machen.

Also trinke ich einen Espresso und gehe eine halbe Stunde vor Mitternacht ins Satdtkino, um mir MAN TÄNKER SITT (a.k.a. BURROWING) anzusehen. Ich weiß nichts über den Film. Und versuche nun seit Tagen zu formulieren, wodurch er mich so berührt hat. Offenbar hat der Film bei mir die Türe zu etwas Unaussprechlichem über das Leben aufgestoßen. Trotzdem ein Versuch.

Vorsicht: Manche mögen Teile der folgenden Kritik als Spoiler empfinden!

MAN TÄNKER SITT erzählt von mehreren Menschen in einer Reihenhaussiedlung, die nach ihrem Platz im Leben suchen. Der elfjährige Sebastian führt uns via Voiceover in die Nachbarschaft ein: Der eine lebt mit seinem Baby im Haus seiner Eltern ohne einen Schlüssel dafür zu besitzen, der andere hat ein Haus, ist aber trotzdem nicht glücklich, der Dritte ist schon älter und irgendwie hier in Schweden hängengeblieben. Mehr wird nicht erklärt, und mehr braucht man auch nicht. Der Film verzichtet weitgehend auf Dialoge und beobachtet dafür die Menschen umso genauer. Die Situationen, in die sie geraten sind ohenhin dermaßen präzise und teilweise atemberaubend (selbst wenn fast nichts zu passieren scheint), dass jede weitere Erklärung unnötig ist.

Damit das ganze nicht auseinanderfällt, gibt es ein starkes Thema, das durch jede Pore des Films atmet: Wie kann der Mensch, das Individuum sich eingliedern in die Gesellschaft? Wie passt man dazu, wie passt man sich an? Kann man überhaupt so leben wie man leben soll?

(Tolles Pressefoto: Sebastian, der elfjährige Junge, der versucht in ein Erwachsenenhemd zu passen.)

Immer wieder fliehen die Charaktere in den Wald, in die Natur, doch selbst dort scheinen sie zurückgewiesen zu werden. Erlösung gibt es keine. Und trotzdem ist der Film nicht deprimierend, sondern einfach nur unglaublich menschlich und wahr und beobachtet auch die ganz kleinen Momente, die man sonst schnell übersieht. Wahrscheinlich hat er mich genau deswegen so berührt.

Übrigens hat mich MAN TÄNKER SITT öfters an MÄRZ von Händl Klaus erinnert, wenn mir auch MÄRZ im Vergleich dazu weitaus beliebiger und weniger präzise vorkommt und mich viel mehr außen vor gelassen hat.

P.S.: Die Musik zu MAN TÄNKER SITT ist wunderschön. Sie stammt von Erik Enocksson, und man kann sie zum Beispiel hier kaufen.

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