Kreatives Schreiben: Weekend Writing #71

Zwar scheint hier in Wien gerade die Sonne, aber es ist noch ziemlich kalt, und ich sehen mich schon ein wenig nach dem Frühling. Wie jedes Jahr im Februar eben. Deswegen kommt hier eine sommerliche Inspiration. Welche Geschichten fallen euch dazu ein?

Für alle, die zum ersten Mal dabei sind: Es geht darum, dass ich hier immer am Wochenende ein Foto als Schreibinspiration für eine kurze Geschichte poste. Ob ihr euch dabei an die „Regeln“ haltet, die unter dem Bild stehen, oder nicht, ist völlig euch überlassen. Es gibt auch nichts zu gewinnen, außer der Freude am Schreiben. Wenn ihr wollt, könnt ihr dann eure Texte einfach hier in den Kommentaren posten, gerne auch anonym. Ihr könnt sie aber auch einfach nur für euch in ein Notizbuch schreiben. Ich freue mich übrigens nicht nur, wenn ihr mitmacht, sondern auch wenn ihr es (im Netz) weitererzählt. Je mehr Menschen mitmachen, desto besser!

SPRING!

SPRING!

Hier kommt die Anleitung:

  1. Stell dir einen Timer (Küchenuhr, Handywecker…) auf 5 Minuten. Bereit?
  2. Schau dir das Foto 5 Minuten lang genau an. Die Menschen, die Körperhaltung, die Gegenstände. Was ist im Zentrum, was bzw. wer im Hinter- oder Vordergrund? Entdecke die Details, studiere die Gesichtsausdrücke. Was könnte die Geschichte zum Foto sein?
    Pling! Die 5 Minuten sind um.
  3. Stelle jetzt den Timer auf 15 Minuten. Los gehts mit dem Schreiben!
  4. Schreibe eine kurze Geschichte. Da die Zeit begrenzt ist, eignen sich Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke, Kurzgeschichten, Gedankenströme besser als lange, epische, romanhafte Ansätze. Und denk nicht zu lange nach! Es geht hier weniger um den Kopf als um die Intuition.
  5. Pling! Fertig.

Achtung: Es geht hier nicht um Perfektion, sondern um den Spaß am Schreiben. Deshalb halte ich mich nach den 15 Minuten auch nur sehr kurz mit dem Umschreiben auf. Wenn ich selbst mitmache, korrigiere ich einige Formulierungen, für die mir ad hoc beim Durchlesen doch etwas besseres einfällt, aber im Großen und Ganzen lasse ich die Geschichten so, wie sie beim ersten Wurf entstehen und stelle sie eher „roh“ ins Blog oder lege sie in meine Textschublade.

Euch fällt nichts ein? Hier einige Fragen, die eurer Fantasie auf die Sprünge helfen können:

  • In welcher Beziehung stehen die Personen zueinander?
  • Wer hat das Foto gemacht, in welcher Beziehung steht die Person zu denen auf dem Foto?
  • Erzählt jemand etwas über die Personen auf dem Bild, oder ist eine Person vom Foto der Erzähler?
  • Wer ist die Hauptfigur, wie heißt er/sie, welchen Background hat er/sie?
  • Welche Erwartungen haben die Personen, was hoffen sie, was befürchten sie? Was sind ihre Lebensträume und Ziele? Was haben sie bereits erlebt?
  • Was ist der Konflikt, das Dilemma, das die Person gerade hat?
  • Was ist vor der Aufnahme passiert, und was passiert, nachdem der Auslöser gedrückt wurde?
  • Was oder wer steht außerhalb des Bildausschnitts?
  • Wie ist die Stimmung der Personen? Ändert sie sich in der kurzen Geschichte?
  • Wie riecht es, ist es warm oder kalt? Friert die Person, ist ihr heiß?

Wenn ihr eure Geschichte im Internet (z.B. auf eurem Blog) postet, hinterlasst doch den Link hier in den Kommentaren. oder kopiert den Text in den Kommentar, gerne auch unter einem Pseudonym. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr diesen Artikel auf Facebook und Twitter teilt – es wäre schön, wenn so viele wie möglich mitmachen und diese Form des Weekend Writing ein Fixpunkt im kreativen Internet wird. Aber das überlasse ich der Zukunft. Jetzt geht es los – viel Spaß beim Schreiben!

Für alle WienerInnen: Ich gehe einmal im Monat zu einem Creative Writing Abend bei Barbara Stieff, wo wir uns im informellen Rahmen zum Schreiben treffen. Dabei steht das Ausprobieren und der spielerische Umgang mit Sprache im Mittelpunkt. Also kein Druck, es geht um den Spaß und den Prozess des Schreibens, wie bei dieser Übung. Wer mitmachen möchte, schreibt mir einfach eine Mail, ich leite es dann an Barbara weiter.

Für alle, die die Challenge im Internet teilen wollen: Unser Hashtag lautet #weekendwriting. Er wird bereits von AutorInnen im Netz benutzt, da passt unsere Übung gut dazu.

 

Euch gefällt, was ich hier auf meinem Blog poste? Das freut mich! Ihr könnt gerne mal hier im Blog einen Kommentar hinterlassen, oder mir ein paar freundliche Worte per E-Mail schicken. Außerdem freue ich mich auch sehr über ein Buch von meinem Wunschzettel. Das kann ich dann alles lesen, wenn einmal einer dieser Momente um die Ecke kommt, in denen meine Motivation und Inspiration kurz Pause machen. Danke euch fürs Lesen und Mitreden und Dasein! <3

Comments 3

  1. Heute als ich meinen kleinen Bruder spazieren führen musste, sah ich einen Mann und eine Frau wie sie in die Themse sprangen. Mir kam vor, dass der Mann der Frau davor Instruktionen gab, aber dann sprang sie viel höher, gespannter, schöner, freier als er, und der Mann plumpste ein wenig auf seinen Bauch, und als sie auftauchten, redete er auf sie ein, und ich begriff, dass er wohl glaubte, in irgendeiner Form ihr Mentor zu sein. Papa starb ein paar Monate später, Mama lebte zwar noch sieben Jahre, aber ich hab sie nur mehr weinend in Erinnerung. Dann starb sie. Daraufhin hatte ich nur noch meinen Bruder. Wir kamen zu Papas jüngerem Bruder und seiner Frau. Die hatten ein Baby, das ich wieder am Fluss spazieren führte. Im Sommer sprangen immer Menschen in den Fluss, aber die Frau und ihren selbsternannten Mentor habe ich seither nie mehr getroffen. Vielleicht springen sie jetzt in andere Gewässer, oder sie gewann Medaillen für den Turmspringverein. Ich war nun ein Teenager, aber ich musste immer schwarz tragen, die Frau meines Onkels nahm es genau mit dem Tod, mein Bruder revoluzzte ein bisschen und riss sonntags nach der Messe das schwarze Gewand vom Leib, um im Brunnen vor der Kirche nackt zu Baden. Zum Entsetzen der Menschen, die aus der Messe kamen und dem der Frau meines Onkels. Dann kamen wir zu dem anderen Bruder meines Vaters und dessen Frau. Endlich bekam ich wieder helle, schöne, leichtere, luftige Kleidung, und im Winter locker helle Wollmäntel und Hüte, mein Bruder und ich rauchten gerne, mit der Frau meines Onkels. Es war eine gute Zeit. Heute lieg ich da, meine Zeit ist gekommen. Mein Bruder hat mich nicht mehr besucht. Ich bin auch nicht besonders alt geworden. Liegt vielleicht in der Familie. Ich hätte gerne noch die Kinder meiner Töchter kennengelernt, aber sie sind alle noch jung und kinderlos, und sie sind alle da, wie ich gehen muss. Hoch oben in einem Spitalszimmer. Gestern sah ich noch aus dem Fenster und dachte an die Menschen, die jetzt im Frühsommer wieder von der Brücke ins Wasser springen.

  2. Post
    Author

    Danke für deine berührende Geschichte. Interessant, ich dachte auch daran, dass ich sie aus der Perspektive des Mädchens vorne erzählen würde.

  3. interessant. und da vorne sind auch noch die 3 Jungs…..wie wäre es wohl, wenn man jemandem an dem weit entferntesten Punkt des Fotos wählen würde?

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