Heute, am 18.3.2016, startet der Kinospielfilm THANK YOU FOR BOMBING von Barbara Eder in den österreichischen Kinos. Darin geht es um den Alltag von drei ganz unterschiedlichen Kriegsreportern, den man sonst nie sieht. Wir erleben das Warten auf den Krieg, den Kampf um neue Geschichten, und die Belastung danach. Und natürlich bin ich dem Film gegenüber befangen, weil ich als Dramaturgin die Drehbuchentwicklung begleitet habe. Aber ich sage es trotzdem: Der Film ist sehr, sehr gut und intensiv geworden. Das liegt teilweise an den dokumentarischen Aufnahmen an den Originalschauplätzen, aber sehr viel natürlich auch an der Direktheit von Barbaras Inszenierung.
Worüber ich aber hier schreiben will: Am Montag war in Wien Premiere. Und dabei ist mir eine Referenz eingefallen, die es damals, als wir am Buch gearbeitet haben, noch nicht gab, die ich aber höchst spannend finde.
Kennt ihr den Podcast SERIAL? Die aktuell laufende zweite Staffel beschäftigt sich mit dem amerikanischen Soldaten Bowe Bergdahl, der in Afghanistan stationiert war und 2009 von den Taliban entführt wurde. Fünf Jahre später konnte er von den U.S.-Truppen befreit werden. Der Podcast beleuchtet in jeder Folge einen anderen Mosaikstein des Ereignisses: Bowe Bergdahl als Mensch, die Hierarchie des Militärs, den Ablauf von Kampfeinsätzen in Afghanistan usw.. Besonders interessant fand ich die Episoden, die Einblicke in den Alltag der in Afghanistan stationierten Truppen geben. Sie fahren oft mit sehr hohen Erwartungen hin – sie wurden für den Kampfeinsatz im Krieg ausgebildet und haben einen sehr starken Korpsgeist. Vor Ort landen sie dann in der Mitte von Nirgendwo in staubigen Baracken ohne Infrastruktur, und das einzige, was sie machen, sind Dinge, auf die sie niemand vorbereitet hat: Positiven Kontakt zur einheimischen Bevölkerung aufzubauen, indem sie Kindern Buntstifte schenken. Und sie warten auf ihren Einsatz, der oft nicht kommt. Teilweise passt das hochtechnische militärische Equipment auch nicht zur kargen Situation vor Ort. Und wenn sich eine Truppe dort etabliert hat, wird sie schon wieder abgezogen und neue junge Soldaten rücken nach.
Insofern ist SERIAL keine Geschichte über die Gefangennahme von Bowe Bergdahl, bei der es einige seltsame Ungereimtheiten gibt, sondern eine Betrachtung von komplexen Fragestellungen über das U.S. Militär, die Ausbildung von Rekruten, den Afghanistaneinsatz der USA und letztlich auch eine Geschichte über den Menschen an sich und seine Abgründe. Es wird ein Bild über geplatzte Illusionen, falsche Hoffnungen und ein teilweise nicht funktionierendes System gezeigt.
Und was hat das jetzt mit THANK YOU FOR BOMBING zu tun? Der Film erzählt hintereinander in drei Kapiteln aus dem Leben von jeweils einem Protagonisten. Im zweiten Kapitel geht es um die amerikanische Korrespondentin Lana, die als Frau in Kabul einen schweren Stand zwischen den männlichen Kollegen und mit der patriachalen Kultur des Landes hat. Als sie durch Zufall auf die Spur von zwei amerikanischen Soldaten kommt, die beschuldigt werden, Koranbücher verbrannt zu haben, will sie die Geschichte um jeden Preis bekommen. Und dabei geht sie sehr weit.
Als ich die Sequenz gesehen habe, in der Lana die beiden jungen Soldaten trifft, hatte ich im Hinterkopf immer die Soldaten, die in SERIAL ihr Leben in Afghanistan beschreiben. Plötzlich hat sich hinter dem, was auf der Leinwand war, nochmal eine ganze Welt aufgemacht.
Langer Rede kurzer Sinn: Bitte geht ins Kino und schaut euch THANK YOU FOR BOMBING an und hört danach die zweite Staffel von SERIAL. Vertraut mir, es lohnt sich.