Kreatives Schreiben: Weekend Writing #88

Das Foto der heutigen Weekendwriting Challenge habe ich in einem Tweet des mexikanischen Regisseurs Guillermo del Toro gefunden. Weil sich Geschichten ja besonders gerne über das Abwesende erzählen, probiere ich dieses mal, euch mit einem Bild ohne Menschen zu inspirieren. Es stammt von dem ebenfalls mexikanischen Fotografen Manuel Alvarez Bravo. Viel Spaß beim Schreiben!

Für alle, die zum ersten Mal dabei sind: Es geht darum, dass ich hier immer am Wochenende ein Foto als Schreibinspiration für eine kurze Geschichte poste. Ob ihr euch dabei an die „Regeln“ haltet, die unter dem Bild stehen, oder nicht, ist völlig euch überlassen. Es gibt auch nichts zu gewinnen, außer der Freude am Schreiben. Wenn ihr wollt, könnt ihr dann eure Texte einfach hier in den Kommentaren posten, gerne auch anonym. Ihr könnt sie aber auch einfach nur für euch in ein Notizbuch schreiben. Ich freue mich übrigens nicht nur, wenn ihr mitmacht, sondern auch wenn ihr es (im Netz) weitererzählt. Je mehr Menschen mitmachen, desto besser!

Foto: Manuel Alvarez Bravo

Foto: Manuel Alvarez Bravo

Hier kommt die Anleitung:

  1. Stell dir einen Timer (Küchenuhr, Handywecker…) auf 5 Minuten. Bereit?
  2. Schau dir das Foto 5 Minuten lang genau an. Die Menschen, die Körperhaltung, die Gegenstände. Was ist im Zentrum, was bzw. wer im Hinter- oder Vordergrund? Entdecke die Details, studiere die Gesichtsausdrücke. Was könnte die Geschichte zum Foto sein?
    Pling! Die 5 Minuten sind um.
  3. Stelle jetzt den Timer auf 15 Minuten. Los gehts mit dem Schreiben!
  4. Schreibe eine kurze Geschichte. Da die Zeit begrenzt ist, eignen sich Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke, Kurzgeschichten, Gedankenströme besser als lange, epische, romanhafte Ansätze. Und denk nicht zu lange nach! Es geht hier weniger um den Kopf als um die Intuition.
  5. Pling! Fertig.

Achtung: Es geht hier nicht um Perfektion, sondern um den Spaß am Schreiben. Deshalb halte ich mich nach den 15 Minuten auch nur sehr kurz mit dem Umschreiben auf. Wenn ich selbst mitmache, korrigiere ich einige Formulierungen, für die mir ad hoc beim Durchlesen doch etwas besseres einfällt, aber im Großen und Ganzen lasse ich die Geschichten so, wie sie beim ersten Wurf entstehen und stelle sie eher „roh“ ins Blog oder lege sie in meine Textschublade.

Euch fällt nichts ein? Hier einige Fragen, die eurer Fantasie auf die Sprünge helfen können:

  • In welcher Beziehung stehen die Personen zueinander?
  • Wer hat das Foto gemacht, in welcher Beziehung steht die Person zu denen auf dem Foto?
  • Erzählt jemand etwas über die Personen auf dem Bild, oder ist eine Person vom Foto der Erzähler?
  • Wer ist die Hauptfigur, wie heißt er/sie, welchen Background hat er/sie?
  • Welche Erwartungen haben die Personen, was hoffen sie, was befürchten sie? Was sind ihre Lebensträume und Ziele? Was haben sie bereits erlebt?
  • Was ist der Konflikt, das Dilemma, das die Person gerade hat?
  • Was ist vor der Aufnahme passiert, und was passiert, nachdem der Auslöser gedrückt wurde?
  • Was oder wer steht außerhalb des Bildausschnitts?
  • Wie ist die Stimmung der Personen? Ändert sie sich in der kurzen Geschichte?
  • Wie riecht es, ist es warm oder kalt? Friert die Person, ist ihr heiß?

Wenn ihr eure Geschichte im Internet (z.B. auf eurem Blog) postet, hinterlasst doch den Link hier in den Kommentaren. oder kopiert den Text in den Kommentar, gerne auch unter einem Pseudonym. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr diesen Artikel auf Facebook und Twitter teilt – es wäre schön, wenn so viele wie möglich mitmachen und diese Form des Weekend Writing ein Fixpunkt im kreativen Internet wird. Aber das überlasse ich der Zukunft. Jetzt geht es los – viel Spaß beim Schreiben!

Für alle WienerInnen: Ich gehe einmal im Monat zu einem Creative Writing Abend bei Barbara Stieff, wo wir uns im informellen Rahmen zum Schreiben treffen. Dabei steht das Ausprobieren und der spielerische Umgang mit Sprache im Mittelpunkt. Also kein Druck, es geht um den Spaß und den Prozess des Schreibens, wie bei dieser Übung. Wer mitmachen möchte, schreibt mir einfach eine Mail, ich leite es dann an Barbara weiter.

Für alle, die die Challenge im Internet teilen wollen: Unser Hashtag lautet #weekendwriting. Er wird bereits von AutorInnen im Netz benutzt, da passt unsere Übung gut dazu.

 

Euch gefällt, was ich hier auf meinem Blog poste? Das freut mich! Ihr könnt gerne mal hier im Blog einen Kommentar hinterlassen, oder mir ein paar freundliche Worte per E-Mail schicken. Außerdem freue ich mich auch sehr über ein Buch von meinem Wunschzettel. Das kann ich dann alles lesen, wenn einmal einer dieser Momente um die Ecke kommt, in denen meine Motivation und Inspiration kurz Pause machen. Danke euch fürs Lesen und Mitreden und Dasein! <3

Comments 4

  1. Hallo,
    Ich finde diese Idee wirklich toll! Heute habe ich zum ersten Mal Zeit gefunden auch eine Kurzgeschichte in diesem Stil zu schreiben. Den Text habe ich auf meinem Blog gepostet: https://jennajones.blogger.de/
    Würde mich freuen, wenn Du vorbei schaust.
    Herzliche Grüße!

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  3. Mit verweinten Augen und schluchzender Stimme lehnt sie sich an die Wand eines Bürohauses. Auf der Straße laufen Menschen gehetzt von ihrer eigenen Unruhe vorbei. Niemand nimmt Notiz von ihr. Warum bin ich allein? Warum mag mich niemand? Fragen durchströmen ihren Kopf und sie sinkt langsam in die Hocke. Sie schlägt die Hände vor das Gesicht und weint. Sie hatte so viele Träume und sie wollte doch eigentlich so wenig. Einfach nur ein wenig Glück. Sich geborgen und sicher fühlen. Vielleicht eine Familie, irgendwann. Nichts Besonderes. Einfach ein wenig glücklich sein.
    Die Tränen ließen ihren Blick immer mehr verschwimmen. Sie ging zum Haupteingang des Gebäudes und suchte drinnen die Toiletten. Sie wankte in den Raum. Er war leer. Sie fühlte, wie ihre Beine immer weicher wurden und sie sank auf den Boden und legte sich hin. Ihre Augen schlossen sich und es fühlte sich an, als würde jemand Zement über sie ausgießen. Sie bewegte sich nicht und ließ es geschehen. Der Zement wurde zu einem Boden. Wahrscheinlich verkachelt mit furchtbaren Musterfliesen. Nur noch ihr langer Zopf war zu sehen. vielleicht würde er einem Hund als Ruheplatz dienen, während das Frauchen ihre Geschäfte verrichtete. Doch ein wenig Glück… für den Hund.

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