Kreatives Schreiben: Weekend Writing #113

Ich poste hier selten aktuelle Fotos als Inspiration für die Weekend Writing Challenge. Und außerdem nie welche mit bekannten Menschen drauf. Heute ist für beides eine Ausnahme. Weil mich dieses Foto so angesprochen hat. Es stammt aus einem Foto-Essay des britischen Fotografen Jack Davison, der für das New York Times Magazine SchauspielerInnen fotografiert hat. Was mir an der Serie so gut gefällt, ist das Minimalistische und der starke Ausdruck. Und die Auswahl der Akteure: Jung, alt, Männer, Frauen, unterschiedliche Hautfarben – eine diverse Mischung. Das Foto, für das ich mich entschieden habe, hat etwas Surreales, und das finde ich ja immer spannend, vor allem, um eine Geschichte darin zu finden. Und das ist auch schon das Stichwort – was fällt euch zu dem Foto ein? Viel Spaß beim Schreiben!

Übrigens: Ich nehme natürlich Empfehlungen entgegen. Falls euch ein Foto unterkommt, das sich für die Weekend Writing Challenge eignen würde, schickt es mir doch!

Für alle, die zum ersten Mal dabei sind: Es geht darum, dass ich hier immer am Wochenende ein Foto als Schreibinspiration für eine kurze Geschichte poste. Ob ihr euch dabei an die „Regeln“ haltet, die unter dem Bild stehen, oder nicht, ist völlig euch überlassen. Es gibt auch nichts zu gewinnen, außer der Freude am Schreiben. Wenn ihr wollt, könnt ihr dann eure Texte einfach hier in den Kommentaren posten, gerne auch anonym. Ihr könnt sie aber auch einfach nur für euch in ein Notizbuch schreiben. Ich freue mich übrigens nicht nur, wenn ihr mitmacht, sondern auch wenn ihr es (im Netz) weitererzählt. Je mehr Menschen mitmachen, desto besser!

Foto: Jack Davison

Foto: Jack Davison

Hier kommt die Anleitung:

  1. Stell dir einen Timer (Küchenuhr, Handywecker…) auf 5 Minuten. Bereit?
  2. Schau dir das Foto 5 Minuten lang genau an. Die Menschen, die Körperhaltung, die Gegenstände. Was ist im Zentrum, was bzw. wer im Hinter- oder Vordergrund? Entdecke die Details, studiere die Gesichtsausdrücke. Was könnte die Geschichte zum Foto sein?
    Pling! Die 5 Minuten sind um.
  3. Stelle jetzt den Timer auf 15 Minuten. Los gehts mit dem Schreiben!
  4. Schreibe eine kurze Geschichte. Da die Zeit begrenzt ist, eignen sich Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke, Kurzgeschichten, Gedankenströme besser als lange, epische, romanhafte Ansätze. Und denk nicht zu lange nach! Es geht hier weniger um den Kopf als um die Intuition.
  5. Pling! Fertig.

Achtung: Es geht hier nicht um Perfektion, sondern um den Spaß am Schreiben. Deshalb halte ich mich nach den 15 Minuten auch nur sehr kurz mit dem Umschreiben auf. Wenn ich selbst mitmache, korrigiere ich einige Formulierungen, für die mir ad hoc beim Durchlesen doch etwas besseres einfällt, aber im Großen und Ganzen lasse ich die Geschichten so, wie sie beim ersten Wurf entstehen und stelle sie eher „roh“ ins Blog oder lege sie in meine Textschublade.

Euch fällt nichts ein? Hier einige Fragen, die eurer Fantasie auf die Sprünge helfen können:

  • In welcher Beziehung stehen die Personen zueinander?
  • Wer hat das Foto gemacht, in welcher Beziehung steht die Person zu denen auf dem Foto?
  • Erzählt jemand etwas über die Personen auf dem Bild, oder ist eine Person vom Foto der Erzähler?
  • Wer ist die Hauptfigur, wie heißt er/sie, welchen Background hat er/sie?
  • Welche Erwartungen haben die Personen, was hoffen sie, was befürchten sie? Was sind ihre Lebensträume und Ziele? Was haben sie bereits erlebt?
  • Was ist der Konflikt, das Dilemma, das die Person gerade hat?
  • Was ist vor der Aufnahme passiert, und was passiert, nachdem der Auslöser gedrückt wurde?
  • Was oder wer steht außerhalb des Bildausschnitts?
  • Wie ist die Stimmung der Personen? Ändert sie sich in der kurzen Geschichte?
  • Wie riecht es, ist es warm oder kalt? Friert die Person, ist ihr heiß?

Wenn ihr eure Geschichte im Internet (z.B. auf eurem Blog) postet, hinterlasst doch den Link hier in den Kommentaren. oder kopiert den Text in den Kommentar, gerne auch unter einem Pseudonym. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr diesen Artikel auf Facebook und Twitter teilt – es wäre schön, wenn so viele wie möglich mitmachen und diese Form des Weekend Writing ein Fixpunkt im kreativen Internet wird. Aber das überlasse ich der Zukunft. Jetzt geht es los – viel Spaß beim Schreiben!

Für alle, die die Challenge im Internet teilen wollen: Unser Hashtag lautet #weekendwriting. Er wird bereits von AutorInnen im Netz benutzt, da passt unsere Übung gut dazu.

 

Euch gefällt, was ich hier auf meinem Blog poste? Das freut mich! Ihr könnt gerne mal hier im Blog einen Kommentar hinterlassen, oder mir ein paar freundliche Worte per E-Mail schicken. Außerdem freue ich mich auch sehr über ein Buch von meinem Wunschzettel. Das kann ich dann alles lesen, wenn einmal einer dieser Momente um die Ecke kommt, in denen meine Motivation und Inspiration kurz Pause machen. Danke euch fürs Lesen und Mitreden und Dasein! <3

Comments 7

  1. Madame musste ich immer sagen.
    Ihre Haut wurde durch unsere Sonne auch sehr dunkel. Aber sie war aus Europa. Ich begleitete sie an den lac de Kivu. Wir fischten. Sie machte ein Foto mit einem grossen Fisch,den sie gefangen hatte.Ihre Zähne strahlten weiss vor Freude. Wie unsere Zähne. Ihr Mann machte Geschäfte mit unserem Kaffee,den er nach Europa brachte. Sie liess mir mein Gewand nähen. Sie war eine Perfektionistin.Alles war unter ihrer Kontrolle.Schlimm wurde es erst,als sie älter wurde und ihr Sohn die Firma übernahm.Dessen Frau war hochmütig,arrogant,herrisch.
    Plötzlich musste ich nach dem Servieren des Essens die ganze Zeit gerade im Zimmereck stehen bis ich den nächsten Gang bringen konnte. Mein Zimmer wurde verlegt ins Gartenpavillon,das auf der einen Seite ohne Fenster war und daher auch für die wilden Tiere günstig. Sie schaute mir mit ihrem kleinpupilligen Blick in die Aklei und teilte Befehle aus.Den ganzen Tag.Ich konnte Französisch,aber sie sagte,ich spräche schlecht,man könne mich kaum verstehen. Als mein Mann starb,übergab sie ihn sofort der Verwaltung.Ich konnte nicht in Ruhe Abschied nehmen.
    Aber ich konnte nicht weg.Mein Sohn war gross und arbeitete als Gärtner bei der neuen Madame und dem Sohn,dem neuen Patron.Es war besser wie gewohnt im Haus zu bleiben. Es war keine gute Zeit. Die alte Madame war zu dem Zeitpunkt nicht mehr im Haus,sondern lebte wieder in Europa. Aber ihr Erbe,ihre Schwiegertochter, war ein düsteres Erbe.
    Ich erinnere mich doch manchmal gerne an sie. Im Hof haben wir früher mit Kreide für meinen Sohn auf den Boden gezeichnet. Sie war auch barfuss. Vielleicht glorifiziere ich jetzt die alten Zeiten. Aber sie hatte ein gutes Herz. Heute ist wieder alles anders. Wie nach einigen Jahren Mombutu weg war,waren auch vorerst alle Weissen fluchtartig weg.

    Dann bin ich mit meinem Sohn nach Ruanda ausgewandert.
    Heute sind die Weissen wieder zurück im Kongo.Am lac de Kivu.Diesmal wegen den Handys und dem Cotan.

  2. Korrekturen:
    kleinpupilligen Blick in die Augen
    (statt Aklei)

    Ich erinnere mich doch manchmal gerne an die alte Madame. (statt an sie)

  3. Post
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  4. Ich musste sie mit Madame ansprechen.

    Viele Weisse kamen.Belgier,Schweizer,Franzosen…übernahmen unsere Plantagen,errichteten Kaffeeröstereien und importierten den Kaffee nach Europa. Sie lebten in Villen.Wir waren ihre Gärtner,Köchinnen,Kindermädchen,Hausangestellten. Als ich mit Madame an der lac de kivu fuhr,fischte sie einen grossen Fisch und posierte damit für die Kamera.Ihre Haut war sehr dunkel.Ihre Zähne weiss im Kontrast. Fast wie meine Haut.Sie blieb immer lange Phasen in Goma.Ich bekam meinen Sohn in ihrem Haus.Wir wohnten in einem Nebentrakt.Mein Mann machte den Garten und alle Hausreperaturen.Ich schaute auf ihre grossen Schäferhunde und ihre Kinder,wenn sie aus Europa aus dem Internat kamen. Dann übernahm der Sohn des Patrons die Geschäfte.Er war gross und behäbig.Seine Frau hatte die Hosen an.Sie hatte einen kleinpupulligen Blick,und sie behandelte uns als Menschen unterer Klasse. Sie sagte,dass mein Französisch schlecht sei.Ich musste zwischen den verschiedenen Gängen des Essens im Zimmereck warten.Dann abtragen.Reden durfte ich nicht.Wir kamen ins Gartenpavillon,das auf der einen Seite offen war und auch für Affen und Schlangen ein gutes Versteck. Wir blieben.Mein Mann verstarb an einem Herzinfarkt.Ich war Besorgungen machen in Goma.Als ich zurück kam, sagte die Frau des jungen Patrons,sie habe ihn der Verwaltung übergeben wegen Infektionsgefahr.Die Verwaltung lag 80 Kilometer entfernt auf der anderen Seite des lac de Kivu.Ich konnte mich nicht von meinem Mann verabschieden.

    Wie Mombutu kam war,flüchteten die Weissen. Ich flüchtete mit meinem Sohn nach Ruanda.Dort leb ich immer noch und putze in einem Spital.

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