Kreatives Schreiben: Weekend Writing #102

Für die neue Weekend Writing Challenge habe ich ein mysteriöses Foto ausgesucht. Aufgenommen hat es die berühmte Diane Arbus. Bei uns hier in Wien ist das Wetter zwar sonniger als das auf dem Foto, aber umso mehr interessiert es mich, was die Geschichte dieses Mädchens vor den Nebelbäumen ist. Was denkt ihr? Viel Spaß beim Schreiben!

Für alle, die zum ersten Mal dabei sind: Es geht darum, dass ich hier immer am Wochenende ein Foto als Schreibinspiration für eine kurze Geschichte poste. Ob ihr euch dabei an die „Regeln“ haltet, die unter dem Bild stehen, oder nicht, ist völlig euch überlassen. Es gibt auch nichts zu gewinnen, außer der Freude am Schreiben. Wenn ihr wollt, könnt ihr dann eure Texte einfach hier in den Kommentaren posten, gerne auch anonym. Ihr könnt sie aber auch einfach nur für euch in ein Notizbuch schreiben. Ich freue mich übrigens nicht nur, wenn ihr mitmacht, sondern auch wenn ihr es (im Netz) weitererzählt. Je mehr Menschen mitmachen, desto besser!

Foto: Diane Arbus

Foto: Diane Arbus

Hier kommt die Anleitung:

  1. Stell dir einen Timer (Küchenuhr, Handywecker…) auf 5 Minuten. Bereit?
  2. Schau dir das Foto 5 Minuten lang genau an. Die Menschen, die Körperhaltung, die Gegenstände. Was ist im Zentrum, was bzw. wer im Hinter- oder Vordergrund? Entdecke die Details, studiere die Gesichtsausdrücke. Was könnte die Geschichte zum Foto sein?
    Pling! Die 5 Minuten sind um.
  3. Stelle jetzt den Timer auf 15 Minuten. Los gehts mit dem Schreiben!
  4. Schreibe eine kurze Geschichte. Da die Zeit begrenzt ist, eignen sich Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke, Kurzgeschichten, Gedankenströme besser als lange, epische, romanhafte Ansätze. Und denk nicht zu lange nach! Es geht hier weniger um den Kopf als um die Intuition.
  5. Pling! Fertig.

Achtung: Es geht hier nicht um Perfektion, sondern um den Spaß am Schreiben. Deshalb halte ich mich nach den 15 Minuten auch nur sehr kurz mit dem Umschreiben auf. Wenn ich selbst mitmache, korrigiere ich einige Formulierungen, für die mir ad hoc beim Durchlesen doch etwas besseres einfällt, aber im Großen und Ganzen lasse ich die Geschichten so, wie sie beim ersten Wurf entstehen und stelle sie eher „roh“ ins Blog oder lege sie in meine Textschublade.

Euch fällt nichts ein? Hier einige Fragen, die eurer Fantasie auf die Sprünge helfen können:

  • In welcher Beziehung stehen die Personen zueinander?
  • Wer hat das Foto gemacht, in welcher Beziehung steht die Person zu denen auf dem Foto?
  • Erzählt jemand etwas über die Personen auf dem Bild, oder ist eine Person vom Foto der Erzähler?
  • Wer ist die Hauptfigur, wie heißt er/sie, welchen Background hat er/sie?
  • Welche Erwartungen haben die Personen, was hoffen sie, was befürchten sie? Was sind ihre Lebensträume und Ziele? Was haben sie bereits erlebt?
  • Was ist der Konflikt, das Dilemma, das die Person gerade hat?
  • Was ist vor der Aufnahme passiert, und was passiert, nachdem der Auslöser gedrückt wurde?
  • Was oder wer steht außerhalb des Bildausschnitts?
  • Wie ist die Stimmung der Personen? Ändert sie sich in der kurzen Geschichte?
  • Wie riecht es, ist es warm oder kalt? Friert die Person, ist ihr heiß?

Wenn ihr eure Geschichte im Internet (z.B. auf eurem Blog) postet, hinterlasst doch den Link hier in den Kommentaren. oder kopiert den Text in den Kommentar, gerne auch unter einem Pseudonym. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr diesen Artikel auf Facebook und Twitter teilt – es wäre schön, wenn so viele wie möglich mitmachen und diese Form des Weekend Writing ein Fixpunkt im kreativen Internet wird. Aber das überlasse ich der Zukunft. Jetzt geht es los – viel Spaß beim Schreiben!

Für alle WienerInnen: Ich gehe einmal im Monat zu einem Creative Writing Abend bei Barbara Stieff, wo wir uns im informellen Rahmen zum Schreiben treffen. Dabei steht das Ausprobieren und der spielerische Umgang mit Sprache im Mittelpunkt. Also kein Druck, es geht um den Spaß und den Prozess des Schreibens, wie bei dieser Übung. Wer mitmachen möchte, schreibt mir einfach eine Mail, ich leite es dann an Barbara weiter.

Für alle, die die Challenge im Internet teilen wollen: Unser Hashtag lautet #weekendwriting. Er wird bereits von AutorInnen im Netz benutzt, da passt unsere Übung gut dazu.

 

Euch gefällt, was ich hier auf meinem Blog poste? Das freut mich! Ihr könnt gerne mal hier im Blog einen Kommentar hinterlassen, oder mir ein paar freundliche Worte per E-Mail schicken. Außerdem freue ich mich auch sehr über ein Buch von meinem Wunschzettel. Das kann ich dann alles lesen, wenn einmal einer dieser Momente um die Ecke kommt, in denen meine Motivation und Inspiration kurz Pause machen. Danke euch fürs Lesen und Mitreden und Dasein! <3

Comments 3

  1. Die Empörten Kinder waren die Schlimmsten.

    Kein Mensch glaubte ihm das – weder seine Freunde, noch die Kollegen, noch die gelegentliche Geliebte mit zu viel Eyeliner, die hauptsächlich mit ihm ins Bett gegangen war, weil jeder Goth einmal mit einem Exorzisten geschlafen haben wollte. (Er machte sich da nichts vor – es war definitiv sein Beruf, der sie anzog, und nicht die Augenringe und seine Tendenz, die Hemden nicht zu bügeln.)

    Aber es war wahr. Mit traurigen Geistern konnte er umgehen, kein Ding. Die heulten herzzerreißend, wie zu erwarten war, er redete ihnen gut zu, reichte ihnen Taschentuch um Taschentuch, dass sie mit Ektoplasma vollrotzen konnten, und am Schluss waren sie erleichtert, wenn er sie weiterschickte.* Auch mit den wütenden Geistern konnte er problemlos umgehen – die wollten ihn in der Regel überreden, an ihrer statt grausige Rache an irgendjemandem zu üben, der untreuen Ehefrau etwa oder dem Angestellten der SVA, der sie mit dem letzten Bescheid in den Selbstmord getrieben hatte. Er ignorierte ihr Toben einfach und wies freundlich darauf hin, dass es am Ende ohnehin alle erwischen würde. Er musste es wissen, er war schließlich Experte dafür.
    Ein bisschen mühsam, das gab er gerne zu, waren frisch verstorbene Zeugen Jehovas, weil die sich in der Regel stur weigerten, zu Gott zu gehen, bevor sie nicht vorher noch ein wenig über selbigen geredet hatten. Aber auch da: mit Geduld ließ sich alles machen.

    Nein – die einzigen Geister, die ihn den Schlaf kosteten, das waren die empörten Kinder. Die, die zu jung gestorben waren um zu begreifen, was genau mit ihnen passierte – aber die dennoch ahnten, wie falsch es war. Die empört waren und verstört und die nie die Worte dafür gelernt hatten. Und die deshalb schweigend vor ihm standen, die ihn ohen Widerspruch und Widerstand machen ließen, wozu er gekommen war. Weil sie ja ohnehin gewohnt waren, dass die Erwachsenen am Ende taten, was sie wollten, weil sie nichts Besseres von ihm erwarteten.

    Und das brach ihm das Herz.

    *Sehr hilfreich war dabei auch sein Pamphlet „Tod und was nun? 10 optimistische Perspektiven“, das er selbst mühsam gestaltet hatte und das immer gerne genommen wurde.

  2. Post
    Author

    Danke, Sarah! (Das Pamphlet würde mich interessieren – kann ich es käuflich erwerben, oder bekommt man es nur im Sterbensfall?)

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