Die Conclusio gleich zu Beginn: Ich war enttäuscht. Da half es auch nichts, dass ich in den Closeups den stahlblauen Augen Daniel Craigs erlag. Gut, Casino Royale hatte die Latte sehr hoch gelegt: Ein Bond, der eine Entwicklung durchmacht und ordentlich Ecken und Kanten hat, eine emotionale(!) Geschichte, ein guter Gegner und gewohnt großartige Actionszenen. Und Daniel Craig, natürlich. Warum blieb bei Ein Quantum Trost der Wow!-Effekt aus?
Achtung für alle, die den Film noch nicht gesehen haben: Spoilerwarnung beim Klick auf „Mehr“!
Die Mission: Ich war verwirrt. Laut Trailer und laut erstem Akt geht es darum, dass Bond den Tod von Vesper Lind (siehe das Ende von Casino Royale) rächen will. Und mit seinen Rachegedanken hat er etwas mit dem Bond Girl gemeinsam, die muss nämlich den Mord an ihren Eltern rächen. Aber den ganzen zweiten Akt verdrängt Bond das und beschäftigt sich mit einer anderen Mission, und zwar die Organisation aufzudecken, deren Mitarbeiter im ersten Akt M angeschossen hat (und deren Mitglied aber auch Opfer letztlich auch Vesper Lind in Casino Royale war, was aber nicht wirklich bedient wird). Und das wiederum führt ihn zum Antagonisten Dominic Greene, der einen General zum Diktator macht und ihm dann Wasserreserven abluchst, um damit Geld zu machen, was tunlichst verhindert werden sollte. Die Backstory vom Bondgirl ist übrigens, dass sie den General kalt machen muss, weil der am Tod ihrer Eltern Schuld ist. Langer Rede kurzer Sinn: So kam es also, dass ich im Kino saß und mir dachte „Ja was denn nun?“. Ich wusste schlichtweg nicht mehr, wobei ich nun mitfiebern sollte, und die Geschichte ließ mich kalt. Und dabei hätte man aus dem emotionalen Thema „Rache“ so viel herausholen können. Ach, naja.
Der Antagonist: Bekanntlich misst sich die Stärke des Helden an der Stärke des Antagonisten. Nun mag Mathieu Almaric ja ansonsten ein guter Schauspieler sein (z.B. in The Diving Bell And The Butterfly), aber er wirkte auf mich nie wirklich gefährlich. Nie dachte ich, dass Bond von dem tatsächlich etwas zu befürchten hatte. Von der Organisation, die dahinter steht vielleicht, aber nicht von ihm selbst. Und so wunderte ich mich am Ende auch, dass Bond so lange braucht, um den wie ein wütendes Rumpelstilzchen um sich schlagenden Antagonisten unter Kontrolle zu bringen. Um diesen Mann auszuschalten braucht Bond einen ganzen Film? Come on!
Die Kamera: Ja, ich weiß, das macht man jetzt so. Viel Handkamera bei den Kämpfen und Verfolgungsjagden, damit man so richtig mittendrin ist. War ja auch bei Dark Knight so, zum Beispiel. Aber wenn das in Kombination mit zu hektischen Schnitten und zu vielen Closeups dazu führt, dass ich nicht mehr erkennen kann, wer jetzt auf wen einprügelt und welches Auto gerade vorne ist, dann bringt das ja auch irgendwie nichts. Außer Verwirrung.
Die Dialoge: Kann sich jemand noch an einen der zahlreichen smarten Dialoge aus Casino Royale erinnern, zum Beispiel zwischen Vesper Lind und Bond? Ich darf zitieren:
Vesper Lynd: Am I going to have a problem with you, Mr. Bond?
James Bond: No, don’t worry, you’re not my type.
Vesper Lynd: Smart?
James Bond: Single.
Um es kurz zu machen: Solche Dialoge wird man in Ein Quantum Trost vergeblich suchen.
Der Titel: „Ein Quantum Trost“? Hallo?
Verzeihung, ich habe mich etwas in Rage geschrieben. Aber das liegt nur daran, dass ich mir so viel erhofft hatte, und letztlich ist bloß ein durchschnittlicher Actionfilm daraus geworden.
Ach so, etwas Gutes gibt es natürlich neben den stahlblauen Augen von Daniel Craig doch noch zu vermelden: M darf Gefühle zeigen und sich auch mal privat geben, was sehr gut funktioniert. Und der Titelsong Another Way To Die (Alicia Keys und Jack White) läuft bei mir in heavy rotation auf dem iPod und hat den Wow!-Effekt, den ich im Film vergeblich gesucht hatte.
p.s.: Und ich lese jetzt mal das Drehbuch zu Casino Royale (Link zum .pdf, 4.5MB). Als Kompensation, quasi.