Gelesen: DER PFAU von Isabel Bogdan

Hinweis: Das Buch erscheint erst am 18.2., aber ich habe vorab ein Rezensionsexemplar gewonnen. Danke an Vorablesen.de und an den Verlag Kiepenheuer & Witsch!

In DER PFAU von Isabel Bogdan geht es zunächst mal um Lord und Lady McIntosh. Die wohnen ziemlich abgelegen in den schottischen Highlands und beherbergen ab und an Gäste. Zum Beispiel Liz, die Chefin der Investmentabteilung einer Bank, und ihre vier männlichen Mitarbeiter. Die beziehen samt Psychologin Rachel und Köchin Helen im Westflügel des Anwesens Quartier, um sich in der kargen Umgebung einem Teambuildingwochenende zu unterziehen. Dann geschehen aber – ausgelöst durch die Aktionen eines verrückt gewordenen Pfaus – allerlei kuriose Dinge, und es werden notgedrungen viel mehr Teams gebildet als Rachel es vorher zu hoffen wagte. Wer sich beim Hüttenbauen im Wald bewährt, und was der Hund Mervyn mit der ganzen Sache zu tun hat, lest ihr am besten selbst nach, ich will ja hier nichts spoilern.

Gewonnen! Danke, vorablesen.de und Kiepenheuer&Witsch.

Gewonnen! Danke, vorablesen.de und Kiepenheuer&Witsch.

Gleich vorweg: Ich habe alle Figuren so lieb gewonnen, dass ich mit ihnen sofort auf ein Glas Bier (oder Irn-Bru oder Cider) gehen würde. Und das, obwohl sich einige von ihnen am Anfang nicht besonders sympathisch benehmen. Isabel Bogdan schafft es, ihre kleine Truppe mit feiner Ironie, aber ohne Zynismus, sondern immer mit Respekt vor den Figuren zu erzählen. Überhaupt kommt die ganze Geschichte dermaßen sympathisch und im allerbesten Sinn unaufgeregt daher, dass ich gar nicht anders kann, als sie von Herzen zu mögen. Dabei gibt es eigentlich eine Menge Aufregung in der Geschichte vom PFAU, aber die wird eben subtil und mit Humor erzählt.

Moment, kurzes Intermezzo – da kann jetzt das Buch überhaupt nichts dafür, aber ich muss schnell einen Exkurs loswerden: Die Worte „sympathisch“ und „unaufgeregt“ sind in meinem Beruf als Filmdramaturgin unbeliebt. Für viele klingen sie nach „weichgespült“, „anbiedernd“ und „langweilig“. „Geschichten müssen doch laut sein, und weh tun, und kantig sein und verstören!“. Ja, in bestimmten Kreisen ist das Misstrauen gegenüber Geschichten, die beim Publikum ein Wohlfühlen bewirken, enorm. Und mich ärgert das. Jede Geschichte ist anders. Manche sind leise, und manche sind laut. Manche verstören mich (auf eine gute, aufweckende Art), und manche bewirken, dass ich mich rundherum wohl fühle. Für mich macht das letztlich keinen Unterschied, sofern die Geschichten genau so erzählt werden, wie es ihnen dient. Manchmal sind sie aber eher deswegen laut und verstörend, weil mich jemand – oft leider vordergründig und plump – provozieren will, und nicht, weil es die Geschichte und ihre Figuren wirklich verlangen. Und dann ärgere ich mich eben. So, Entschuldigung für die Unterbrechung, jetzt wieder zurück zum Roman.

Wo war ich? Ach ja, die Unaufgeregtheit: Es wäre ein Leichtes gewesen, den Plot dramaturgisch an einigen Stellen viel weiter aufzudrehen, damit er mehr Lärm macht. Aber gerade weil Isabel Bogdan das nicht tut, bringt die Erzählung die kleinen Alltagsabsurditäten zum Leuchten, die den Figuren Stolpersteine in den Weg legen.

Jetzt will ich aber dringend etwas zur Sprache sagen. In dem ganzen Buch gibt es nämlich keine einzige direkte Rede, dafür jede Menge Konjunktive. Das ist mir aber seltsamerweise erst dann so richtig aufgefallen, nachdem ich irgendwo auf Facebook einen Kommentar dazu gelesen habe. Nun könnte man meinen, dass das eine ziemlich konstruierte Sache ist, ein Spleen der Autorin vielleicht. Aber für mich fasst es genau das in Worte, was der Kern des Konflikts aller Figuren ist: Sie üben sich permanent in höflicher Zurückhaltung. Das kommt vermutlich daher, dass sie Engländer sind, aber es ist auch der Situation geschuldet – weder will die Chefin sich vor ihren Angestellten eine Blöße geben, noch umgekehrt. Auch die Psychologin, die das Teambuildingwochenende leitet, glaubt einiges verlieren zu können, und alle anderen auch. Dann gibt es noch die einen oder anderen Geheimnisse um den Pfau, und mehrere Parteien haben Gründe, die bloß nicht ans Licht kommen zu lassen. Da hält man lieber höflich Abstand, wegen der Sicherheit und des Gemeinwohls sozusagen. Und genau das löst der Konjunktiv aus: Eine gewisse höfliche Distanz, oft gepaart mit einer im Raum schwebenden Möglichkeit, aber man würde sich jetzt lieber nicht so gerne wirklich festlegen. Ich weiß nicht, ob das von vornherein so gedacht war, oder ob bloß ich das jetzt so interpretiere, aber das ist ja auch egal. Ich finde das nämlich großartig.

Ihr seht schon, DER PFAU hat mir ein großes Vergnügen bereitet. Nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch, weil das Buch so schön gemacht ist. Es hat ein rotes Lesebändchen, und die Pfauenfedern am Schutzumschlag glänzen so schön blau, dass man sie sofort attackieren würde, wäre man der verrückte Pfau aus dem Buch (der wir aber zum Glück nicht sind, soviel sei nach dem Lesen der Geschichte schon mal verraten). Also, wegen Inhalt und Umschlag lege ich euch den PFAU ans Herz, wenn er am 18.2. erscheint. Viel Spaß beim Lesen!

 

Euch gefällt, was ich hier auf meinem Blog poste? Das freut mich! Ihr könnt gerne mal hier im Blog einen Kommentar hinterlassen, oder mir ein paar freundliche Worte per E-Mail schicken. Außerdem freue ich mich auch sehr über ein Buch von meinem Wunschzettel. Das kann ich dann alles lesen, wenn einmal einer dieser Momente um die Ecke kommt, in denen meine Motivation und Inspiration kurz Pause machen. Danke euch fürs Lesen und Mitreden und Dasein! <3

Comments 3

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    Oh ja, das wäre sicherlich im Rahmen der Möglichkeiten. (Und ich will jetzt nach Schottland reisen. Sofort.)

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    Author

    Achja, ich mache jetzt mal Isabel-Bogdan-Festspiele draus und lese „Ein untadeliger Mann“ von Jane Gardam. Das hat sie nämlich übersetzt. Und es ist auch britisch.

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