Jetzt passiert mir schon wieder ein Exkurs. Weil ich nämlich im letzten Pitching-Artikel das Thema „Originalität“ angesprochen habe.
Ich finde das ist ja so eine Sache mit der Originalität. Denn sie wabert in unser aller Köpfe als das Nonplusultra herum: Ist die Geschichte originell genug? Bin ich kein/e gute AutorIn, wenn ich nicht originell bin? Bin ich dann langweilig? Originell zu sein ist künstlerisch also völlig nachvollziehbar. Aber nicht immer ratsam.
Für mich ist das ist alles ein großes Missverständnis. Ich gehe nicht ins Kino und zahle 8 Euro 50 (und wenn man Kinder hat auch noch den Babysitter), damit mir die AutorInnen beweisen, was für unglaublich originelle Menschen sie sind. Ich will bloß eine spannende Geschichte mit vielschichtigen Figuren sehen, die mich in ihr Leben mitnehmen und mich zum Fühlen bringen. Und wenn Originalität das A und O von allem wäre, dürfte man ja keine Liebesgeschichten mehr erzählen, weil das ja schon tausendmal gemacht wurde. Und damit würde man sich ja um eines der schönsten Themen bringen, die man auf die Leinwand bringen kann.
Warum es außerdem wichtig ist, nicht nur durch umwerfende Originalität auffallen zu wollen: Wahrnehmung und Menschen funktionieren unter anderem nach Kategorisierungen. Das völlig Fremde schreckt ab, das Bekannte hingegen vermittelt Sicherheit. Und schon sind wir wieder beim Pitch, denn wir wollen die ProduzentInnen ja nicht erschrecken. Das heißt nicht dass diese zu wenig risikofreudig wären – sonst wären sie auf keinen Fall ProduzentInnen geworden (es ist ja wirtschaftlich gesehen eines der riskantesten Geschäfte die es gibt). Aber ein verantwortungsvoller Produzent muss sich die Frage nach Kosten und Gewinn stellen, er muss Kategorisieren und Einschätzungen vornehmen.
Will man also jemanden mit etwas Neuem, Ungewöhnlichen locken, sollte man an einem Punkt ansetzen, der den Menschen bereits bekannt ist. Ausgehend davon kann man dann das Neue entwickeln.
Beispiele dafür sind meiner Meinung nach folgende: Eternal Sunshine Of A Spotless Mind. Rückwärts erzählt, effekttechnisch hochanspruchsvoll. Aber im Grunde eine ganz klassische romantische Liebesgeschichte. Oder Being John Malkovich: Eine klassische Komödie über ein Beziehungsdreieck (bzw. –viereck).
Beim Fernsehen gilt das umso mehr, vor allem bei Serien. Interessant wird es dann, wenn man zwar die hundertste Krimiserie konzipiert, aber die eine Sache darin findet, die die Grenzen des Genres ein wenig ausdehnt und etwas Neues hinzufügt. Ein Beispiel ist der Pitch der akklamierten HBO Serie „The Wire“. Darin steht im ersten Absatz dass es eine klassische Cop-Dramaserie ist. Und dann wird beschrieben was der Twist ist und wieso es HBO kaufen soll. Hier kann man die Bibel von The Wire herunterladen (.pdf, 2,3 MB).