van gogh @ albertina
vorne, bei den zeichnungen, denke ich plötzlich: wie großartig, ein motiv und die atmosphäre einer landschaft mit kleinen senkrechten und waagrechten bleistiftstrichen einfangen zu können. ein älterer herr steht konzentriert vor einem bild und zeichnet es auf einem kleinen skizzenblock nach. vor einer zeichnung mit dem titel „sorrow“ stehe ich sehr lange. sie bildet van goghs freundin ab, eine prostituierte. die menschenmassen werden immer mehr, f. und ich senken den altersduchschnitt beträchtlich. die kunstwissenschaftlichen beschreibungen bei den bildern amüsieren mich, was ein „pastöser“ pinselstrich ist, wird mir später google sagen. vor den malereien bin ich stellenweise ehrfürchtig, muss mir aber zuerst das hirn leerräumen, in dem sich szenarien von ärmlichen hotellobbies, furchtbaren wohnräumen und sterilen wartezimmern tummeln, die sich mit hässlichen van gogh reproduktionen dekorieren. ich denke darüber nach, dass van gogh nur zehn jahre zeit hatte (oder sich selbst nicht mehr geben konnte, muss man eigentlich sagen, angesichts seines selbstmordes) und was für ein innerer motor in so einem menschen stecken muss. beim hinausgehen spinnen f. und ich an einer neuen theorie, die david lynch in den besitz des echten abgeschnittenen ohrs van goghs kommen lässt, woraufhin dieser ebenjenes echte ohr in „blue velvet“ verewigte. das weiß natürlich keiner außer uns. das abgeschnittene ohr begegnet uns dann aber tatsächlich im museumsshop wieder, und zwar in form eines lufterfrischers. der text auf der verpackung beginnt mit „to get the most out of van goghs ear…“ und endet in einer detaillierten beschreibung, wie man das ohr aufhängen soll, damit es so lange wie möglich die luft erfrischt. direkt daneben liegt ein stapel mit van gogh actionfiguren. von einem der faszinierendsten bilder der ausstellung gibt es natürlich keine postkarte.
die andere ausstellung befasst sich mit gletschern, eis und schnee und wie man diese (fotografisch) abgebildet hat und heute abbildet. als der eben gegründete alpenverein in den 1860ern eine mehrmonatige fotoexpedition in die alpen macht, kann man im anschluss daran aus den unter schwersten bedingungen hergestellten bildern nicht genug profit schlagen und die investorenfirma geht pleite. das gleiche ist kurze zeit davor der matterhorn expedition passiert. die stereofotografien erinnern mich daran, dass irgendwo in einer spielzeugkiste in der alten heimat ein viewmaster aus den 1970er jahren liegt. eine videoinstallation von darren almond beeindruckt mich, in der ein film von auf dem wasser treibende eisstücken auf den kopf gestellt projiziert wird, sodass die arktische landschaft eine surreale anmutung bekommt.
bad painting, good art @ sammlung ludwig
p. und ich sind zuerst ziemlich ratlos. ich fange an über eine metaebene zu spekulieren, und bald stellt sich heraus, dass wir der chronologie wegen wohl besser mit dem ausstellungsteil in der oberen ebene begonnen hätten. trotzdem werde ich das gefühl nicht los, dass hier eine systemimmanente diskussion nach außen getragen wird, die aber vielleicht besser funktionieren würde, wenn sie im system selbst bliebe. denn wenn ich das anliegen der aussstellung richtig verstanden habe, will man zeigen, wie sich künstler mit bestimmten werken gegen die übermacht der tradition der malerei aufgelehnt haben, aber auch gegen das diktat der avantgarde. das erscheint mir reichlich verschwurbelt und auch ein wenig selbstgefällig. ich denke kurz „hat man diese gedanken nicht alle schon zu ende gedacht? ist man immer noch nicht weiter mit dem kunstbegriff?“ aber was weiß ich schon. jedenfalls finde ich zwar einige werke interessant, aber das konzept der ausstellung dringt letztlich nicht zu mir durch.
(und p. wartet mit einer detailreicheren beschreibung auf.)
julian opie @ mak
als ich im vorfeld ein interview mit julian opie lese, werde ich aufmerksam, weil ich es interessant finde, dass er sich dagegen wehrt, mit dem begriff des „reduzierens“ in verbindung gebracht zu werden. im gegenteil, er würde von einfachen formen ausgehen und dann immer mehr details dazugeben, bis die figuren charakteritische züge tragen. in der ausstellung selbst finde ich dann vieles zunächst mal sehr dekorativ, aber als ich nach dem gedanken dahinter zu suchen beginne, stoße ich auf eine gähnende leere. ich entdecke kein statement, keine absicht, und als ich mir dann animierte striptänzerinnen mit einem kreis als kopf ansehe, frage ich mich nur mehr, was das eigentlich soll und beginne mich zu ärgern. nunja, vielleicht gibt es die aussage ja irgendwo, aber mir erschließt sie sich nicht. immerhin ist der saal klimatisiert, und dann hat man etwas davon an einem heißen sommertag.
Comments 1
klasse fand ich auch, mir die fotografien vom gletscher (1860) und van goghs bilder (bis 1890irgendwas) auf einer zeitachse einzusortieren.