#weekendwriting 14: Meine Geschichte

Huch, ich habe mich verbastelt! Mitten im Vorbereiten für ein Weihnachtsvideo habe ich die Zeit übersehen. Hier ist also meine verspätete Geschichte zur aktuellen Weekend Writing Challenge. Wenn ihr auch eine habt, könnt ihr sie in den Kommentaren posten!

weekend14_sledgeAntares

„Noch drei Fuhren“ dachte Maximilian und wischte sich den Schnee aus dem Gesicht. Er schnalzte mit der Zunge, die Pferde liefen schneller. Hinter ihm quietschen die Kinder vor lauter Freude. Maximilian drehte sich kurz zu seinen Fahrgästen um und musste lachen. Der Großvater übte mit den Enkelkindern, die Schneeflocken mit der Zunge zu fangen. Das hatte er mit seinen Kindern auch immer gemacht. Aber jetzt waren sie schon groß und aus dem Haus. Ihm stand das erste Weihnachten alleine mit Anni bevor. Und er hatte sich etwas ganz besonderes ausgedacht. Etwas, das ihn nervös machte. Aber auch aufgeregt.

Maximilian hatte in den letzten Wochen nach der Arbeit das alte Ruderboot repariert. „Antares“ stand jetzt in kräftigen Farben am Bug, und es war bereit zur Ausfahrt. Er musste noch bis zum Frühling warten, aber einem Picknick im Bootshaus stand auch jetzt nichts im Weg. Er würde Anni ins Boot helfen, das Essen auspacken und den Champagnerkorken knallen lassen. Sie würde lachen, und dann würde er sie an ihre erste Ausfahrt erinnern, wo sie am Abend neue Sternbilder erfunden hatten. Anni hatte das Singende Hausschwein nahe dem Großen Bären entdeckt, und dann wären sie in der Dunkelheit beinahe nicht mehr ans Ufer zurück gekommen. Jedenfalls würde er Anni in ungefähr drei Stunden mit dem Champagner das Kuvert mit den Tickets überreichen, und dazu den Plan der neuen Wohnung. Jeden Tag Sonne, Blick auf das Meer, und im Garten blühende Orangenbäume. Oft hatten sie es sich ausgemalt. Sie hatten sich erzählt, welche Farbe die Gartensessel haben würden, dass sie den Morgen mit einem Schwumm im Meer beginnen wollten, und wie gut die Oliven zum Frühstück schmecken würden. Maximilian hatte heute morgen das Türschild abgeholt, auf dem unter ihrem Namen ein singendes Schwein abgebildet war. Er stellte sich vor wie Anni lachen musste, wenn er es hinter seinem Rücken hervor holte.

Hinter ihm wurde Jingle Bells angestimmt, wunderbar falsch gesungen, und Maximilian fühlte sich sehr weihnachtlich. Er zügelte die Pferde. Vor dem Hof half er den Kindern aus der Kutsche und begrüßte die nächsten Gäste. Noch zwei Fuhren, dann begann beinahe schon das neue Leben.

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  1. Der erste Schnee

    Langsam schiebt sich der grosse Tankwagen den Forstweg hinauf. Alessio, der italienische Fahrer hat die falsche Strasse genommen und ist erst zu spät aufmerksam geworden, dass er er mit voller Beladung die Steigung nicht schaffen wird.
    Jetzt – in der Kehre hat er den Abzweiger in den Forstweg gesehen, der ihm ein Wenden ermöglicht. 1200 PS jaulen auf, als er mit vorsichtigem Druck auf das Gaspedal die Touren des Motors steigert, die Kupplung ziehen lässt und den Wagen mit gutem Zug in die Kurve zieht. Das Lenkrad umschlagen, zurückrollen ist eins. Der Weg zurück ist klar.

    Alfred zieht die Zügel etwas an, wir spüren den Fahrtwind auf unserer Haut. Wie kleine Nadelstiche treffen die Schneeflocken auf unsere Haut, auf unsere Wimpern, auf unsere Zungen. Es ist der erste Schnee, und Opa hat gesagt, es gehört zur Tradition, dass man am ersten Schnee eine Schlittenfahrt macht.

    Es ist das letzte was ich weis. Alfred biegt um die Kurve, und sieht den Wagen vor sich stehen. So meint er. So erzählt er die Geschichte immer wieder in den Jahren danach. Doch der Wagen steht nicht. Er fährt zurück. Aus dem Forstweg in die Fahrbahn. Und Alfred ist sicher, er kann die Pferde einbremsen. Könnte! Würde der Wagen stehen.

    Genau an der Stelle, an der die Pferde mit dem Wagen kollidieren würden endet die Leitplanke. Pferde haben Angst vor Hindernissen. Sie gehen ihnen nicht „auf natürliche Art aus dem Weg“. Sie vermeiden sie. Alfreds Pferde sahen den Ausweg. Dass dahinter nichts war, wussten die Pferde nicht. Können Pferde Entscheidungen treffen? Hätte Alfred sie getroffen, wäre die Entscheidung klar gewesen. Bremsen bis zur Kollission. Aber so.

    Herr Wimmer, der hinter uns herschlitterte versuchte zu helfen. Aber was will man, wenn ein Schlitten mit zwei Pferden eine neun Meter hohe Böschung hinabschiessen, noch retten.

    Anita und Alexandra waren sofort tot, unter dem Schlitten hätten Sie wohl auch nicht lange überlebt. Hilfe kam erst nach Stunden. Nicht so wie heute, wo man immer und überall ein Handy hat und einen Helikopter schickt. Opa starb an Unterkühlung, Tage später. Dass Alfred überlebt hat, war für ihn die grösste Strafe, sagt er. Wie soll man weiterleben, wenn man sich immer fragt, was man hätte anders machen können, sagt er dann. Er hat nichts falsch gemacht, hört er von den Leuten im Dorf. Er hätte nichts tun können. Das hilft ihm nichts. Die Pferde hat er nicht ersetzt. Der Schlitten steht im Schuppen, und die Geschichte geht noch immer durch das Dorf, jedes Mal, wenn der erste Schnee fällt.

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