Über den Tellerrand hinausschauen

Es ist ja so, dass ich die Weisheit nicht mit dem Löffel gegessen habe. Auch wenn man nach einigen Jahren so einiges verstanden hat – man lernt nie aus.

Deswegen verweise ich wieder mal auf einen Beitrag von Daniel Martin Eckhart, der darüber schreibt was passiert, wenn man als AutorIn bestimmte Genres für sich kategorisch ausschließt, und zwar nicht nur beim Schreiben sondern generell. Ich kenne das sehr gut und – tut mir leid, aber das ist wirklich meine Erfahrung – es fällt mir besonders bei AutorInnen auf, die entweder nur im extremen Arthousebereich oder nur im extrem kommerziellen Bereich tätig sind. Und genau da muss ich mich auch selbst an der Nase nehmen.

Ich muss nämlich zugeben, dass ich zum Beispiel mit Horrorfilmen wenig anfangen kann, und zwar ganz banal deshalb weil ich mir schwer tue sie anzusehen. Weil ich mich nämlich viel zu sehr fürchte. Richtige Horrorstoffe habe ich auch sehr selten auf dem Tisch, eher Thriller und Suspense, wo der „Horror“ aus dem Zusammenspiel der Figuren kommt und weniger von äußerlichen blutigen Plotpoints. Aber ich könnte vermutlich sehr viel üebr Spannungsaufbau lernen, und das ist ja auch bei allen anderen Genres relevant.

Aber jetzt zitiere ich Daniel Martin Eckhart:

Even if you can’t stand getting scared and have stayed away from horror for that very reason – get over it! Rent them, watch them, get scared – then analyze and learn. You’ll probably still never write a horror film – but the professional writer in you has just become more rounded, more experienced, more versed.
Learn to not think “genre”, but “story” instead. As a writer, you couldn’t possibly want to exclude yourself from some of the greatest stories ever told.

Und er hat wieder mal recht. Ich kann in einer guten Romantic Comedy oder einem Horrorfilm ein dramaturgisches Mittel kennenlernen, das ich woanders verwenden kann. Auch wenn ich nie eine Romcom oder einen Horrorfilm schreiben werde.

Also, was sind die 5 besten Horrorfilme, die ich mir anschauen muss weil ich dort dramaturgisch etwas lernen kann?

Ach so, und noch ein Tip: Ich bilde ja immer Kinogemeinschaften. Ein Freund von mir ist der Komödienexperte und nimmt mich dorthin mit. Mit einem anderen, der viele Arthousefilme ansieht gehe ich wiederum in die Hollywood Blockbuster. Wieder andere erzählen mir so enthusiasmiert von bestimmten Arthousefilmen oder Experimentalfilmen, dass ich sie unbedingt ansehen muss.  Ich versuche offen zu sein, nicht zu werten und vor allem immer neugierig zu bleiben. Wie erreicht der Film was er erreichen will? Wie unterschiedlich kann man Geschichten erzählen? An welchen Stellen reagiert das Publikum? Wieso? Was kann ich für meine Arbeit mitnehmen? Dadurch habe ich schon manche Entdeckungen gemacht. Denn mit einem hat Daniel Martin Eckhart verdammt recht:

If you’re a writer and you exclude an entire genre – you are, in fact, messing with your profession, your craft, your goals, your future, you’re messing with what you might one day become – the best there is.

Comments 2

  1. Ich verstehe die Theorie dahinter und kann zu einem gewissen Prozentsaz dieser Theorie auch zustimmen, aber das wäre ein Opfer, das ich nicht brächte. Ich ginge kaputt, wenn ich mir Folterpornos à la Saw, Hostel, Human Centipede etc. ansehen müßte. „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ Nein, manches muss und will ich mir einfach nicht antun, um keinen Preis.

  2. Post
    Author

    Ich will mir ja auch nicht die ganze Palette an Horror reinziehen, aber so ein paar wirklich gut gemachte Standesvertreter sind schon interessant. Ich habe zum Beispiel „Der Weiße Hai“ (ja, das ist kein Horror sondern Monster, ich weiß) erst vor einigen Jahren das erste mal gesehen und mich geärgert dass ich das nicht früher getan habe. Da gabs nämlich ganz schön was zu lernen über Point of View und so weiter. Jeden Tag brauche ich aber natürlich auch keine Folterpornos (Iih, gleich nochmal PRIDE AND PREJUDICE reinschieben, um den von dir genannten HUMAN CENTIPEDE zu vergessen von dem ich zum Glück nur den Trailer kenne.)
    Ich kenne auch Leute, die ich schier zwingen musste mal in LOST oder MAD MEN oder TRUE BLOOD reinzuschauen, weil „das ist ja Fernsehen und das kann ja nur Schei*e sein“. Und die waren dann aber sowas von erstaunt und empfanden das als Bereicherung. Und ich habe Arthouseschreibende Drehbuchfreunde, denen nach BATTLESTAR GALACTICA in Puncto Figurenkonstellation ein Licht aufgegangen ist so wie mir nach Sachen wie STELLET LICHT eine Erkenntnis über weitgehend dialogfreies Erzählen kam.
    Mir gehts einfach darum nicht etwas komplett aus seinem Leben auszuschließen. Da versäumt man nämlich meistens was.

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