Nochmals gesehen: The Dark Knight

Achtung, wer „The Dark Knight“ noch nicht gesehen hat, möge bitte jetzt zu lesen aufhören, ich verrate im Folgenden einiges.

Gut, jetzt bin ich soweit. Nach dem ersten Mal hatte ich ja nur so ein diffuses Gefühl, dass alles zu viel wäre: Zu oft auf das emotionale Thema gedrückt, zu oft die Handlung herumgerissen, zu viele Verfolgungsjagden, an deren Ende Batman wieder jemanden am Leben lässt, zu viele Filmminuten.

Jetzt wo ich das große Bild ansatzweise erkennen kann, ist es immer noch sehr viel, das alles, aber vieles macht Sinn. Die Geschichte ist trotz ihrer Länge sehr kompakt. Das liegt wohl an dem einen großen emotionalen Thema, das immer wieder durchdekliniert wird. Was ist moralisch gut, was ist böse, und wer bewertet das? Was geschieht, wenn man Gutes will und Böses schafft? Wie reagiert man auf jemanden, der absolut nichts mehr zu verlieren hat und dadurch alle moralischen Grenzen mit einem Lachen sprengen kann? Der immer einen Schritt voraus ist, weil er genau weiß, welche Regeln sich die Menschen durch Moral und Werte auferlegen, und wie das ihre Aktionen lenkt.

Bereits in der Eröffnungssequenz ist das ein Thema: Jokers Helfer dezimieren sich gegenseitig, indem sie Beffehle ausführen und nicht wissen, dass sie dabei selbst Opfer weiterer Befehle sind. Und im weiteren Verlauf des Films muss fast jede Figur mindestens einmal eine Entscheidung treffen: Überschreite ich die moralische Grenze oder halte ich mich an meine eigenen Regeln?

Das scheint überhaupt das beliebteste Thema des thematischen 9/11-Aftermath zu sein: Wer ist gut, wer ist böse, und wem kann man trauen? Nichts ist mehr wie es scheint, die gewohnten moralischen Kategorien greifen nicht mehr, und auch die Methoden überschreiten alle Grenzen. Das hat letztes Jahr auch James Bond: Casino Royale bewiesen (ganz zum Schluss gibt es noch mindestens zwei Plotpoints, die die Motive und die moralischen Werte von Verper Lind umdrehen, und auch davor ist das schon Thema), und V vor Vendetta hat sogar den Spieß umgedreht, indem die Terroristen gewinnen (aber natürlich gegen den bösen Tyrannen. Trotzdem eine sehr interessante Variation des Themas in einer teuren Hollywoodproduktion.)

Ich persönlich bin ja sehr erfreut über diese Entwicklung. Denn sie macht die Filme härter und realer. Im echten Leben ist eben leider auch oft alles anders als es scheint, und das mit dem Vertrauen ist ja ohnehin so eine Sache. Und endlich ist diese Erkenntnis auch bei den Protagonisten der ganz großen Hollywood Blockbuster angekommen, und ich genieße das sehr. Auch wenn es manchmal anstrengend ist, denn wenn man sich gerade im Plot zurechtgefunden hat und endlich weiß, wer auf welcher Seite steht, kommt der nächste große Twist und – What the f…! – alles ist anders.

Aber dass man sich in diesen Filmen solcher Themen annimmt und die Figuren sich daran abarbeiten müssen, finde ich wirklich gut. Und The Dark Knight hat da ganz Besonderes geleistet.

Edit: Mir fällt gerade noch etwas zu The Dark Knight ein: Es ist natürlich ein sehr kluger Schachzug, dass man den tiefen Fall von Harvey Dent zu Two-face vorgeführt bekommt. Denn mit dem Joker hat man eine Figur, die einfach so ist, wie sie ist: Ein Psychopath, irrational und nicht nachvollziehbar. Dem gegenüber hat man in Harvey Dent eine Figur, die man versteht, und die am Ende als Two-Face dort ist, wo sich der Joker befindet. Man kann dadurch nachvollziehen, wie jemand so wird wie der Joker. Das ist ein wirklich guter dramaturgischer Trick.

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