Nein!

dass frauen „nein!“ sagen wenn sie eigentlich „ja!“ meinen ist einer dieser unglaublich dummen mythen, die sich hartnäckig halten und immer noch als ausreden verwendet werden, um etwas gegen den willen eines anderen menschen zu tun.

jede frau, die schon mal in so einer situation war kann das bestätigen. und damit meine ich zum beispiel auch eine flirtsituation, die ins unangenehme kippt, weil ein „nein!“ nicht verstanden werden will. und natürlich meine ich damit auch situationen, die körperliche und intime grenzüberschreitungen beinhalten. es ist und bleibt für mich immer eine form von gewalt und macht, das „nein!“ des gegenübers zu negieren.

wenn ich mir ein 13jähriges mädchen vorstelle, das von einem sehr viel älteren mann mit drogen und alkohol befüllt wurde, das diesem mann deutlich ein „nein!“ entgegen stellt, das trotzdem mit ihm sex haben muss, und dieser mann sich dann aus dem staub macht, in einem funktionierenden rechtssystem, dann ist mir das auch egal, wie prominent der ist, dann muss diese grenzüberschreitung in einem funktionierenden justizsystem doch zu ahnden sein.

da ist es mir egal, ob es damals unstimmigkeiten im prozess gab, ob der mann inzwischen preisgekrönte filme gemacht hat, ob das mädchen, mittlerweile erwachsen, keinen prozess will (übrigens um ihr privatleben zu schützen und nicht, weil sich irgendetwas an den vorwürfen von damals auch nur im geringsten geändert hätte).

denn ein „nein!“ ist ein „nein!“, und das ist eine der wichtigsten lektionen, die man kindern beibringen sollte. sowohl das „nein!“-sagen als auch das „nein!“-respektieren.

und hier noch eine kurze zusammenfassung der wichtigen argumente in dem fall polanski:

über einen ähnlichen, gefährlichen und entwürdigenden mythos schreibt gingerbox, bei der ich auch das video oben gefunden habe, und hier gibt es einen guten artikel auf salon.com.

Comments 9

  1. Wieso ersetzt ein zweiter Kommentar den ersten?

    Aaaanyhow. Bin froh, dass es andere auch so sehen. Dachte schon, dass ich allein da stehe.

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    den ersten komentar musste ich erst freischalten, weil Du ihn mit einer anderen email adresse abgeschickt hast, die meine seite noch nicht kannte und den kommentar deswegen zum moderieren zurückhielt. ist eine spam-abwehr sache.

    wegen viennale: oje. ich hab ja heuer wieder den luxus einer akkreditierung.

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    ich persönlich hatte nur ein kurzes erlebnis am rande einer drehbuchbesprechung, das darauf hinauslief „dass wir darauf jetzt lieber nicht eingehen“, und es hatte wohl irgendwie mit polanskis herkunft und einer beteiligten, die ebenfalls aus polen kam, zu tun, aber ich wusste es nicht zu deuten, in welche richtung die anmerkung gemeint war. und ich wollte in dem meeting ohnehin lieber über das drehbuch als über herrn polanski diskutieren.

    in den amerikanischen branchenweblogs ist es aber sehr wohl ein thema.

    was mich am meisten daran interessiert, weil ich merke, dass mir selbst dafür der rahmen fehlt, ist die trennung vom künstlerischen werk polanskis und ihm als privatperson. diese frage stellt sich ja auch z.b. bei leni riefenstahl und vielen anderen: kann ich es mir erlauben eine filmästhetik/künstlerische innovation… zu bewundern, losgelöst von den umständen der entstehung oder dem privatem gebaren des/der künstlerIn? oder, aus meinem persönlichen erfahrungsbereich: wie gehe ich damit um, eine inszenierung eines legendären deutschen theaterregisseurs durchaus großartig zu finden, wenn ich gesehen habe, wie er bei den proben zeitweise meinem persönlichen empfinden nach ungut mit schauspielerInnen umgeht? das ist so eine metafrage, die mich sehr beschäftigt. (gibts da einen nachzulesenden diskurs dazu? ich bitte um hinweise.)

  4. bei leni riefenstahl fand ich es besonders absurd, weil die ästhetik ja überhaupt nicht vom inhalt zu trennen war. oder nur, wenn man behauptet, faschismus wäre etwas altmodisches und nicht vielmehr eine extrem moderne form politischer mobilisierung. wahrscheinlich war man bloß überrascht, dass jemand für die nazis arbeitet, der sein handwerk beherrscht. und der leni-poster war sowas wie ein versuch von radical chick.
    ich finde, man kann arbeiten von leuten gut finden, so lang sie nicht strafrechtlich relevante sachen veranstalten (hallo herr polanski!). sonst bewegt man sich auf dem niveau von „der herr kommerzialrat schlägt zwar seine kinder, aber er ist ein ehrenwerter bürger“. ich glaube aber, das ist keine meinung aus dem diskurs – man kann auch mit gutem recht für die autonomie des kunstwerks sprechen, das von der person des künstlers losgelöst zu betrachten ist. in der heutigen zeit scheint mir das aber fast unmöglich, weil diese person immer zusammen mit dem werk inszeniert wird.

  5. ähem – ja: ein nein muss ein nein bleiben. und ja: sex mit einer 13jährigen genau wie vergewaltigung einer 13jährigen ist ein verbrechen, kein kavaliersdelikt. und doch: wen dieser fall nachhaltig interessiert, sollte unbedingt die doku „roman polanski: wanted and desired“ ansehen, die übrigens keineswegs „pro polanski“ ist, die filmemacherin ist mittlerweile eine gute freundin von samantha greimer (damaliges opfer) und dreht derzeit an einer fortsetzung. warum? weil dieser fall (nicht die tat…) eine absolute justizposse ist, sehr viel über das amerikanische rechtssystem zeigt und das bis heute. und daher ist die verhaftung polanskis in zürich eine entscheidung voller doppelmoral und es ist verständlich, dass sich darüber leute aufregen – wenn auch reflexhafte solidarität unangebracht ist. wer aber polanski – besonders vor dem hintergrund seiner herkunft – mit leni riefenstahl vergleicht, macht mich spontan so ungeheuer wütend, dass ich sofort eine weitere „roman polanski petition“ gründen will. denn auch die anschuldigungen eines „perversen kinderschänders“ sollten nicht reflexhaft als „radical chic“ gegen die solidaritätsbekundungen grob vereinfacht werden. es gibt – auch wenn nein nein bleibt – grauzonen und es ist hilfreich, sich etwas facettenreicher zu informieren, bevor man lauthals ins fragwürdige vergleichshorn tutet…

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    ich habe riefenstahl ins treffen geführt um die diskussion vom polanski fall weg und auf das metathema „loslösung des werks vom künstler“ zu führen. dass man riefenstahl nicht mit polanski gleichsetzen kann hätte ich eigentlich vorausgesetzt, aber wenn das anders rüberkommt, dann sei es hier deutlich gesagt: es geht nicht darum, aus polanski einen nazi zu machen und ich ziehe das riefenstahl beispiel zurück und überleg mir wenn ich zeit habe ein anderes. es gibt sicher viele passende.

    aber um es nun halt doch wieder auf polanski zurückzuführen: darf ich „chinatown“ mögen, weil der film vor der tat gemacht wurde, und muss ich die filme, die er nach 1977 gemacht hat, verurteilen? da steckt ja viel möglichkeit zur doppelmoral drinnen, und mich interessiert eben der umgang damit.

    und noch eins zum amerikanischen justizsystem: darum gings zumindest in meinem posting eben NICHT, sondern darum, dass ich finde, dass eine strafwürdige grenzüberschreitung geahndet werden soll. die sache mit den prozessfehlern etc. sind wichtig, natürlich ist es schlimm, wenn jemand in diese mühlen gerät, denen es schon gar nicht mehr um den fall sondern um ganz andere politische etc. motive geht. aber letztlich sehe ich doch nur immer wieder ein 13jähriges mädchen, das NEIN sagt und überhört wird.

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