nachtrag zum 24.

am vormittag des vierundzwanzigsten gehe ich in die fleischerei ringl um die vorbestellten kalbsmedaillons abzuholen. die fleischerei ringl ist ein erlebnis für sich, nicht nur wegen der schweinsköpfe in der auslage. in dem sehr kleinen verkaufsraum hängeln an der wand links vom eingang getrocknete lungen und sonstige haltbar gemachte innereien (inklusive fellteile in kleine säckchen abgepackt, wozu die verwendet werden muss ich erst erforschen). das fleisch in der kühlvitrine stammt aus eigener produktion, ist frei von chemischen zusatzstoffen und überhaupt allerbester qualität. berühmt sind auch die vielen sorten leberkäse.

hinter der fleischbudel stehen die beiden metzgerstöchter und ihr vater. den töchtern ist gemein, dass sie sehr leise und langsam sprechen und dabei fast immer lächeln. halten sie währenddessen ein großes messer in der hand imaginiert man sich so manchen genrefilm zusammen. ich will das fleisch bezahlen, habe aber nur einen großen schein. um die sache mit dem wechselgeld zu erleichtern bestelle ich noch eine leberkässemmel dazu. „die semmeln sind aus, ich geh schnell welche holen“ flüstert mir die metzgerstochter verschwörerisch lächelnd zu. ich lächle zurück und warte.

neben mir ist ein kunde schon länger in ein gespräch mit der anderen metzgerstochter verwickelt. ich höre dass es sich um eine namensverwechslung handelt. der kunde hat bestimmte würsteln vorbestellt, aber irrtümlich wurde das sackerl mit seinen würsteln einem anderen kunden mitgegeben der denselben nachnamen trägt. die würstel sind aus, der kunde verärgert. vor allem weiß er nicht was er jetzt seiner frau erzählen solle, meint er. die metzgerstochter schlägt vor es doch mit frankfurter würsteln zu versuchen, aber der kunde lehnt ab – seine frau koche immer zu weihnachten eine kärntner spezialität und dafür bräuchte man genau die würstel die jetzt jemand anderer mit seinem nachnamen zu hause liegen hat. eine verzwickte situation, die nach einigem hin und her sowohl den kunden als auch die metzgerstochter ratlos zurücklässt.

nach einer kleinen pause fragt die metzgerstochter vorsichtig: „und wenn sie andere kaufen und es ihrer frau nicht sagen?“. dem mann steigt die empörung ins gesicht: „ja glauben sie, die merkt das nicht? und das würde ja bedeuten dass ich meine frau anlüge! ich lüge doch meine frau nicht an, wie stellen sie sich das überhaupt vor!“ die metzgerstochter sagt jetzt nichts mehr.

inzwischen bedient der metzgersvater einen weiteren kunden neben mir. dessen frau hat vergessen die knochen zum tafelspitz dazuzunehmen, und ohne mitgekochte knochen wird der tafelspitz bekanntlich nichts. der metzgersvater meint dass er zwar knochen habe, er sie dem kunden aber nicht verkaufen könne weil sie nicht frisch sind. sowas mache er nicht. die metzgerehre spricht aus jedem seiner sätze. schließlich gibt er dem mann ein besonderes stück fleisch mit, das von fett durchzogen ist. „das kocht sich aus“ meint er. und dann wäre der gekochte tafelspitz wunderbar.

inzwischen ist die eine metzgerstochter mit den semmeln zurück und macht mir meine leberkäsesemmel. der erste kunde ist bereits seit längerem gegangen und nachdem ich bezahlt habe höre ich beim hinausgehen noch den metzgersvater am telefon sagen „sowas kommt vor. was glauben sie wie viele kunden wir mit gleichem nachnamen haben“, ich vermute es ist die frau deren menüpläne mit der kärtner würstelspezialität jetzt durcheinandergekommen sind. es ist inzwischen kurz vor zwölf und in ein paar minuten sperrt die fleischerei ringl für die weihnachtsfeiertage zu. dann ist auch dort platz für den frieden der heiligen nacht.

Comments 4

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    danke, das freut mich. (vielleicht ist das ja die zukünftige aufgabe vom affectionista weblog – vignetten nacherzählen. macht mir spaß.)

  2. das merkt man, und es macht auch spaß sie zu lesen. dabei fällt mir eine mini-geschichte über einen kleinen drachen mit osterhasenohren ein, da wusste ich dass ich diesen blog weiterlesen werde.

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