Kreatives Schreiben: #weekendwriting

Nachdem die Übung für das Kreative Schreiben bei meinem letzten Storytelling Workshop für Digitalista so gut angekommen ist, habe ich beschlossen, sie hier im Blog weiterzuführen.

Ich werde immer am Samstag ein Foto aus meinem Fundus als Inspiration für eine kurze Geschichte posten. Meine eigene Story stelle ich am Sonntag hier ins Blog. (Update: Hier ist sie.)

Creative Writing Prompt

Hier kommt die Anleitung:

  1. Stell dir einen Timer (Küchenuhr, Handywecker…) auf 5 Minuten. Bereit?
  2. Schau dir das Foto 5 Minuten lang genau an. Die Menschen, die Körperhaltung, die Gegenstände. Was ist im Zentrum, was im Hinter- oder Vordergrund? Entdecke die Details, studiere die Gesichtsausdrücke. Was könnte die Geschichte zum Foto sein?
    Pling! Die 5 Minuten sind um.
  3. Stelle jetzt den Timer auf 15 Minuten. Los gehts mit dem Schreiben!
  4. Schreibe eine kurze Geschichte. Da die Zeit begrenzt ist, eignen sich Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke, Kurzgeschichten, Gedankenströme besser als lange, epische, romanhafte Ansätze. Und denk nicht zu lange nach! Es geht hier weniger um den Kopf als um die Intuition.
  5. Pling! Fertig.

Achtung: Es geht hier nicht um Perfektion, sondern um den Spaß am Schreiben. Deshalb halte ich mich nach den 15 Minuten auch nur sehr kurz mit dem Umschreiben auf. Ich korrigiere Formulierungen, für die mir ad hoc  beim Durchlesen doch etwas besseres einfällt, aber im Großen und Ganzen lasse ich die Geschichten so, wie sie beim ersten Wurf entstehen und stelle sie eher „roh“ ins Blog.

Euch fällt nichts ein? Hier einige Fragen, die deiner Fantasie auf die Sprünge helfen können:

  • In welcher Beziehung stehen die Personen zueinander?
  • Wer hat das Foto gemacht, in welcher Beziehung steht die Person zu denen auf dem Foto?
  • Erzählt jemand etwas über die Personen auf dem Bild, oder ist eine Person vom Foto der Erzähler?
  • Wer ist die Hauptfigur, wie heißt er/sie, welchen Background hat er/sie?
  • Welche Erwartungen haben die Personen, was hoffen sie, was befürchten sie? Was sind ihre Lebensträume und Ziele?
  • Was ist der Konflikt, das Dilemma, das die Person gerade hat?
  • Was ist vor der Aufnahme passiert, und was passiert, nachdem der Auslöser gedrückt wurde?
  • Was oder wer steht außerhalb des Bildausschnitts?
  • Wie ist die Stimmung der Personen? Ändert sie sich in der kurzen Geschichte?
  • Wie riecht es, ist es warm oder kalt? Friert die Person, ist ihr heiß?

Wenn ihr eure Geschichte im Internet postet, hinterlasst doch den Link hier in die Kommentare. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr diesen Artikel auf Facebook und Twitter teilt – es wäre schön, wenn so viele wie möglich mitmachen und diese Form des Weekend Writing ein Fixpunkt im kreativen Internet wird. Aber das überlasse ich der Zukunft. Jetzt geht es los – viel Spaß beim Schreiben!

Achso, ein Hashtag wäre auch noch gut. Hier ist er: #weekendwriting. Er wird bereits von AutorInnen im Netz benutzt, da passt unsere Übung gut dazu.

Comments 5

  1. Es ist eine seltsame Beziehung, die man zu einer Person aufbaut, die einem fast das Leben gerettet hat. Es war eine ausgelassene Feier an Bord. Als der Jungeselle Herr Krauss stürzte und ins Wasser viel. Es waren tatsächlich ein paar Cognacs zu viel für uns und das heute am frühen Nachmittag, sagte darauf seine Retterin. Aber dafür haben wir ein umso netteres Erinnerungsfoto von dieser Reise. Was wird wohl das nächste Abenteuer für uns sein, sagte sie mit einem Augen zwinkern. Wir haben noch sieben Tage bis zum nächsten Hafen. Ach ja, fragte Herr Krauss, woher haben sie eingentlich diese perfekte Kondition und sind mir gleich nachgesprungen und haben mich aus dem Wasser gezogen?

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  3. Mein Gott, haben die mich um den Finger gewickelt. zuerst das Kichern und das Begeistert sein fürs Schiff. Hab ich alles schon gesehen, kommt bei so gut wie jeder Fahrt vor. Der Kommandant wirkt offenbar anziehen – vor allen auf Frauen. Da merkt man die Unruhe in den jungen Körpern, das Zappeln, das nicht still sein können. Alles ganz normal für so eine Fahrt. Da ist noch immer irgend ein Mädchen gekommen. Hat sich an den Kommandant geworfen. Vielleicht ein Foto gemacht und dann noch ein Lächeln und schon sind sie weg. Kommen ja meist zu zweit. Ist ja schwer mit der Schüchternheit umzugehn. Dann lieber zu zweit.
    Doch die Beiden sind schon besonders komische Vögel. Sind auch so herumgetänzelt wie alle andern. Rettungsring umhängen wollen, die Kappe tragen wollen, den Kommandant nahe sein wollen. Das Foto ist gemacht worden und eigentlich sollten die beiden kichernd verschwinden, mich zurück zum Steuerrad gehen lassen. Aber nein, sie bleiben. Wollen noch mehr wissen von der Technik. Wollen auch unter Deck gehen. Was haben die vor? Sie können nicht unter Deck. Sie können nicht in meine Kammer. Sie dürfen nicht das Abstellkammerl sehen. Sie dürfen das nicht sehen. Niemand darf das sehen.
    Die mit den kurzen Haaren ist jetzt schon die Treppe runter gestiegen, fast verschwunden. Da fällt mir das Lächeln schwer. Wie kann ich den Redefluss der Blonden stoppen. Ich kann nicht einen Satz zu Ende sprechen schon wird dagegen geplappert.
    Wo ist die Eine jetzt hin? Ich muss hinterher. Hab die Tür gar nicht abgeschlossen. Muss ich ja sonst nie machen. Am Treppenabsatz seh’ ich gerade noch den dunklen Schopf um die Ecke huschen. Wie zielstrebig die ist. Weiss sie wo es ist? Woher weiss sie das? Um die nächste Ecke sehe ich sie schon vor der Kammer stehen. Vor der Abstellkammer. Vor DER Abstellkammer!
    Hat einen komischen blick drauf. Lacht gar nicht mehr. Ist sehr ernst. Was weiss sie? Ich muss da was verhindern. Ich greif ihre Hand, reiss sie weg, sie fällt hin, wechselt von Schreck zu Ärger zu Angst. Hab meine Hand schon an ihren Hals. Geht ganz von allein. Bin gar nicht ich selber. Mein Körper macht das einfach. Drück ihr den Daumen in den hals. Komisch, wie das tief rein geht. Mein dunkler Daumen und ihre weisse Haut. Passt eigentlich nicht zusammen. Meine Finger gehn tiefer. Vielleicht lass ich sie ja in der Haut verschwinden. Da seh’ ich ihren Blick. Meine Lähmung löst sich, ich seh’ sie dort am Boden mit meinen Hände am Hals. Das stimmt nicht. Das darf so nicht sein.
    Ich lass sie ruckartig los. Mich ekelt es vor der Situation. Ich will weg. Will in meine Kammer. Will das nicht sehen.
    Ich gehe die nächste Stiege runter als ich die Stimme der Blonden höre. Sie ruft nach der Dunklen.

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  5. Es stimmte: Er war kein guter Ehemann. Und das wusste er; seine Frau hatte ihn schließlich oft genug daran erinnert. Wahrscheinlich war er nicht einmal ein guter Mensch. Edmund Klein verstand sich darauf, die Stunden in seinem Stammlokal mit Bier herunter zu spülen, mit seinem ehemaligen Kollegen Fred kleine Gaunereien auszuhecken, und wenn es sich ergab, das heißt, wenn er Geld hatte, war er auch den Prostituierten der Stadt nicht abgeneigt. Dass seiner Frau das Geld für Lebensmittel fehlte und sie schon mehrmals fast aus ihrer Wohnung geworfen wurden, weil sie die Miete nicht bezahlen konnten, interessierte ihn wenig. Schon lange nahm er seine Frau, die er mit 18 auf Drängen seiner Eltern geheiratet hatte, nur noch als die nörgelnde Stimme wahr, die irgendwie zu seiner Wohnung zu gehören schien, wie ein lästiger Poltergeist in einem alten Schloss, an den man sich im Laufe der Jahre gewöhnt, bis man ihn fast nicht mehr wahrnimmt. Wenn er sie überhaupt als Person empfand, dann nicht als seine Gefährtin, sondern als seinen Feind: Schließlich wollte sie ihm alles wegnehmen, das ihm das Leben erträglich machte, den Alkohol, das Kartenspiel und die Frauen. Aber er hatte gewonnen. Wenn sie ihn jetzt nur sehen könnte! Selbst das Lottospiel hatte sie ihm ausreden wollen, das dumme Weibstück. Aber er hatte letztendlich gewonnen, fünf richtige immerhin, genug um sich seinen Traum zu erfüllen und nach Amerika auszuwandern, wo er erstmal bei seinem Onkel unterkommen würde. Der Rest würde sich dann schon ergeben, tat er ja immer. Und das Schönste: Lottogewinner ziehen bei den Frauen. Dass es nur fünf Richtige waren, musste er schließlich nicht erwähnen, die wenigsten fragen so genau danach. Und so kam es, dass er heute auf dem Deck eines riesigen Ozeandampfers stand, mit keinem Pfennig in der Tasche, aber einer schönen jungen Frau an seiner Seite, die unverhohlen mit ihm flirtete. Jetzt würde er zu gerne das Gesicht seiner Frau sehen!

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