Kreatives Schreiben: Weekend Writing 9

Es ist Samstag. Ihr wisst, was jetzt kommt. Genau, die neue Weekend Writing Challenge! Der Satz „Ich hab‘ aber keine Zeit!“ gilt übrigens nicht, denn die klitzekleinen 20 Minuten findet ihr an diesem gemütlichen Herbstwochenende fürs Schreiben garantiert. Ich schwöre!

Darum geht es: Ich poste immer am Samstag ein Foto als Inspiration für eine kurze Geschichte. Meine eigene Story stelle ich am Sonntag hier ins Blog.

Foto von Vivian Maier

Foto von Vivian Maier

Hier kommt die Anleitung:

  1. Stell dir einen Timer (Küchenuhr, Handywecker…) auf 5 Minuten. Bereit?
  2. Schau dir das Foto 5 Minuten lang genau an. Die Menschen, die Körperhaltung, die Gegenstände. Was ist im Zentrum, was bzw. wer im Hinter- oder Vordergrund? Entdecke die Details, studiere die Gesichtsausdrücke. Was könnte die Geschichte zum Foto sein?
    Pling! Die 5 Minuten sind um.
  3. Stelle jetzt den Timer auf 15 Minuten. Los gehts mit dem Schreiben!
  4. Schreibe eine kurze Geschichte. Da die Zeit begrenzt ist, eignen sich Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke, Kurzgeschichten, Gedankenströme besser als lange, epische, romanhafte Ansätze. Und denk nicht zu lange nach! Es geht hier weniger um den Kopf als um die Intuition.
  5. Pling! Fertig.

Achtung: Es geht hier nicht um Perfektion, sondern um den Spaß am Schreiben. Deshalb halte ich mich nach den 15 Minuten auch nur sehr kurz mit dem Umschreiben auf. Ich korrigiere Formulierungen, für die mir ad hoc  beim Durchlesen doch etwas besseres einfällt, aber im Großen und Ganzen lasse ich die Geschichten so, wie sie beim ersten Wurf entstehen und stelle sie eher „roh“ ins Blog.

Euch fällt nichts ein? Hier einige Fragen, die deiner Fantasie auf die Sprünge helfen können:

  • In welcher Beziehung stehen die Personen zueinander?
  • Wer hat das Foto gemacht, in welcher Beziehung steht die Person zu denen auf dem Foto?
  • Erzählt jemand etwas über die Personen auf dem Bild, oder ist eine Person vom Foto der Erzähler?
  • Wer ist die Hauptfigur, wie heißt er/sie, welchen Background hat er/sie?
  • Welche Erwartungen haben die Personen, was hoffen sie, was befürchten sie? Was sind ihre Lebensträume und Ziele? Was haben sie bereits erlebt?
  • Was ist der Konflikt, das Dilemma, das die Person gerade hat?
  • Was ist vor der Aufnahme passiert, und was passiert, nachdem der Auslöser gedrückt wurde?
  • Was oder wer steht außerhalb des Bildausschnitts?
  • Wie ist die Stimmung der Personen? Ändert sie sich in der kurzen Geschichte?
  • Wie riecht es, ist es warm oder kalt? Friert die Person, ist ihr heiß?

Wenn ihr eure Geschichte im Internet postet, hinterlasst doch den Link hier in die Kommentare. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr diesen Artikel auf Facebook und Twitter teilt – es wäre schön, wenn so viele wie möglich mitmachen und diese Form des Weekend Writing ein Fixpunkt im kreativen Internet wird. Aber das überlasse ich der Zukunft. Jetzt geht es los – viel Spaß beim Schreiben!

Für alle WienerInnen: Ich gehe einmal im Monat zu einem Creative Writing Abend bei Barbara Stieff, wo wir uns im informellen Rahmen zum Schreiben treffen. Dabei steht das Ausprobieren und der spielerische Umgang mit Sprache im Mittelpunkt. Also kein Druck, es geht um den Spaß und den Prozess des Schreibens, wie bei dieser Übung. Wer mitmachen möchte, schreibt mir einfach eine Mail, ich leite es dann an Barbara weiter.

Unser Hashtag lautet #weekendwriting. Er wird bereits von AutorInnen im Netz benutzt, da passt unsere Übung gut dazu.

Comments 2

  1. Charlotte ist stinksauer. Daniel, Assistent des musikalischen Leiters der New Yorker Symphoniker und ebenso ihr Liebhaber, hatte ihr einen Sopranpart fast schon versprochen. Beziehungen seien alles und so weiter. Nun hat der musikalische Leiter sie durchrasseln lassen. „Das war´s. Du bist ein Loser. You have no influence, you are just nothing.“
    Daniel: „Wait. Let´s talk. Du hast eine Wahnsinnsstimme, und überhaupt lass ich Dich jetzt nicht einfach so gehen.“ Er stemmt den Arm gegen die Wand, Charlotte schreit weiter auf ihn ein. Edit, die ungarische Geigerin des Ensembles geht mit Carl vorbei, Carl glotzt hin, Edit zieht ihn weiter. Schliesslich hat sie in ihrer New Yorker Lederhandtasche den neu unterschriebenen Vertrag mit den Symphonikern drinnen, und will feiern gehen. Das hysterische Drama anderer blättert an ihr ab. Der New Yorker Wind geht, der Regen ist warm. Edit denkt an die harten Lehrjahre mit ihrer Mutter, einem eisernen Menschen, an das Grau in Grau der Budapester Jahre, daran, dass ihre Mutter jetzt nicht mehr lebt, dass sie jetzt in der ersten Reihe steht. Sie hält sich ein wenig fester an Carls Arm, der Wind streichelt ihre schmalen Wangen, das Geschrei der enttäuschten Sängerin berührt sie nicht. Sie denkt an Fisch und Rotwein zusammen mit Carl im Lokal ums Eck.

  2. Post
    Author

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.