Hinter den Fotos

Bei meiner wöchentlichen Weekend Writing Challenge geht es darum, den Menschen auf den Fotos ausgedachte Geschichten anzudichten. Als ich selbst noch mitgemacht habe, erkannte ich bald ein Muster: Meine Figuren hatten immer ein Geheimnis. Manchmal eine Sehnsucht, oft etwas sehr Konkretes, das sie verstecken mussten. Etwas, das außerhalb der erwarteten gesellschaftlichen Norm liegt. Das hat mich immer schon interessiert: Worum geht es hinter der Fassade, was ist die Geschichte hinter dem Offensichtlichen? Oder besser: Was könnte sie sein? Denn die Realität ist ja meistens weitaus banaler als man es sich wünscht. Manchmal aber auch nicht.

Margret: Chronik einer Affäre.

Margret: Chronik einer Affäre.

Heute bin ich auf einen Artikel gestoßen, in dem es um eine reale Geschichte geht, die so merkwürdig klingt, dass ich sie manchmal für ausgedacht halte. Sie geht so: 1969 beginnt der deutsche Geschäftsmann Günther K. eine Affäre mit der ebenfalls verheirateten Margret S.. Er dokumentiert jedes Treffen mit buchhalterischer Akribie, macht zahlreiche Fotos, schreibt Berichte, in denen er jede Stellung beim Sex aufzeichnet, jedoch mit einer leidenschaftslosen Sprache. Günther K. sammelt die leeren Verpackungen der Verhütungspillen von Margret S., eine Haarlocke und sonstige Devotionalien, und sie posiert in den Kleider, die er ihr gekauft hat.

Margret: Chronik einer Affäre.

Margret: Chronik einer Affäre.

Der Aktenkoffer mit den Dokumenten wird bei einer Wohnungsauflösung gefunden, aus seinem Inhalt entstehen eine Ausstellung und ein (leider vergriffenes) Fotobuch.

Margret: Chronik einer Affäre.

Margret: Chronik einer Affäre.

Was mich nicht loslässt, ist die Psychologie hinter den Aufzeichnungen. Diese Gewirr aus psychischen Spielen, aus Obsession und Abhängigkeit, aus dem Gefallen am Begehrtwerden einerseits, und der unheimlichen Lust an der Kontrolle andererseits. Und natürlich meine Position als Voyeurin. Ein Dreieck, das mich sehr fasziniert, wie überhaupt das Thema Found Footage ein interessantes ist, z.B. die Geschichte der Fotos von Vivian Maier.

Es gibt viele (Kurz-)Filme aus Found Footage Material, die entweder neue Erzählungen generieren, oder sich mit der Geschichte hinter dem Material auseinandersetzen. Ich habe gerade nur Bildfetzen im Kopf, die von Filmfestivals übrig geblieben sind. Stichworte: Amateurfilmszene, ersteigerte oder am Flohmarkt gefundene Koffer mit Filmen oder Fotos usw. Spontan fällt mir z.B. der Film „Die Souvenirs des Herrn X“ des österreichischen Filmemachers Arash T. Riahi ein.

Kennt ihr ähnliche Geschichten über gefundene Fotos, Dokumente, Bilder? Fallen euch Kunstprojekte ein? Filme? Ich suche nicht unbedingt Arbeiten, in denen die Bilder auf Found Footage getrimmt sind, also gefaktes Material, wie man es z.B. bei Mockumentaries wie „Blair Witch Project“ oder „Paranormal Activity“ eingesetzt hat, sondern wirkliche gefundene Bilder, Filme und Dokumente. Ich finde das Thema spannend. Wenn euch weitere Projekte einfallen, hinterlasst mir doch Links in den Kommentaren, Dankeschön!

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