Das TV-Serien-Streaming-Experiment, oder: Warum wollt ihr mein Geld nicht haben? (Teil 1)

Episode 1, Die Einleitung

Ich liebe Fernsehserien. Konkreter: Ich liebe einige aktuelle amerikanische Fernsehserien (und auch ein paar europäische bzw. deutsche und österreichische, aber hier wird es nur um bestimmte amerikanische Serien gehen).

Ich mag die komplexen Charaktere, die zwischen liebenswert und unsympathisch gratwandern und sich im Laufe der Zeit verändern und trotzdem nachvollziehbar bleiben. Mich begeistern die vielen Erzählstränge, die im Idealfall gekonnt verknüpft werden. Ich liebe die raren Momente, wo ich mit offenem Mund dasitze, weil ich den einen Twist im Plot wirklich nicht vorhergesehen habe, siehe „Flash Forward“ oder „The Red Wedding“. Wenn mich etwas gepackt hat, bin ich ein enthusiastischer Serienjunkie und ein sehr loyaler Fan.

Begonnen hat das alles vor einigen Jahren mit LOST, und mit dem Internet.

Zuerst hat mir mein Freundeskreis von der Serie vorgeschwärmt, dann habe ich einschlägige Blogs entdeckt, wo Menschen Woche für Woche über die fehlende Zehe der ägyptischen Statue auf der Insel und über Eisbären in Tunesien Hypothesen aufgestellt haben. Wo man sich gefragt hat, ob Kate sich jetzt für Sawyer oder für Jack entscheiden soll (ich war Team Sawyer, fand aber im großen und ganzen Sayid immer am attraktivsten – so, jetzt wisst ihr Bescheid), und wo man Einführungen in die Mathematik (Fibonacci-Zahlen, anyone?) und die höhere Physik von Zeitreisen bekam.

Meine Freunde und ich hatten aber ein Problem: Woher sollten wir die aktuellen amerikanischen Folgen herbekommen? Niemand von uns hatte damals ein Pay-TV Paket von Premiere (jetzt heißt das Sky), und selbst dort bedeutete „zeitnahe Ausstrahlung“ eine Verzögerung von 6 bis 12 Monaten. Im Free TV dauerte es noch länger. Sollten wir alle Blogs, die uns mit Spoilern überschüttet hätten, monatelang wegschalten? Twitteraccounts von LOST Fans aus Amerika blockieren, bis die DVD-Box bei uns oder zumindest bei Amazon UK erhältlich ist? Und auf die letzten beiden Staffeln verzichten, weil der österreichische Sender ATV sie nicht gesendet hat?

Die amerikanischen Folgen fanden trotzdem gleich nach der US-Ausstrahlung ihren Weg zu uns: Wir borgten uns die Festplatten von Bekannten, die sich die neuen Folgen aus dem Internet heruntergeladen hatten (Streaming war damals noch nicht so üblich, und billige Internetflatrates auch nicht) oder bekamen sie von wem auf DVD gebrannt oder auf USB Sticks.

Jedenfalls hatten wir ab Staffel 4, die in den USA Ende Januar 2008 startete, alle drei Wochen dasselbe Ritual für unsere gemeinsamen LOST-Abende: Zuerst haben wir gemeinsam gegessen und getrunken, teilweise sogar mit Etiketten der Dharma Initiative, und dabei unsere Theorien und Interpretationen zu den aktuellen Folgen ausgetauscht, bis jemand gesagt hat „Ich will jetzt anfangen“. Und dann haben wir 3 Folgen am Stück verschlungen, vom Laptop mit dem Beamer auf die Wohnzimmerwand projiziert, um danach noch mindestens eine Stunde im Internet unsere Theorien mit den aktuellen Thesen der amerikanischen Fans abzugleichen. Manchmal erzählen wir uns jetzt noch davon wie super das damals war (jaja, das klingt wie „alte Menschen erzählen von früher“, aber es war wirklich großartig, glaubt mir).

LOST

Ich beschreibe das deswegen so ausführlich, damit ihr versteht, wie viel Wertschätzung wir den Schöpfern der Serie entgegenbrachten. Ich war und bin wirklich enorm dankbar, dass es Menschen gibt, die solche Geschichten schreiben und drehen, und die uns zeigen, dass es großartige Erzählformen abseits der ausgetretenen Pfade gibt. Die uns animieren, nicht nur stumpf die Episoden anzuschauen und sie gleich wieder zu vergessen, sondern weiter darüber zu diskutieren, Theorien aufzustellen und die Geschichten damit ein bisschen in unseren Alltag hinüberzuziehen. (Übrigens ist das ein für mich spannender Aspekt, der auf der Metaebene noch zu wenig diskutiert wird, scheint mir, aber das ist eine andere Geschichte.)

Das war vor einigen Jahren. Danach gab es für mich lange nichts, das LOST das Wasser reichen konnte. Bis ich jetzt etwas verspätet von GAME OF THRONES infiziert wurde. Und siehe da, Jahre später stand ich wieder vor demselben Problem: Während Ende März 2013 gefühlte 85% der Menschen im Internet nichts anderes taten als über den kommenden Start der 3. Staffel zu diskutieren, war ich wieder auf der Suche nach legalen Möglichkeiten, die Serie im Fernsehen zeitnah zu sehen oder im Internet legal gegen Bezahlung zu streamen. Zwischen meinem letzten ernsthaften Versuch 2008 und jetzt lagen mehr als 5 Jahre. Und das Ergebnis? Meh. Nada. Nix. Niente.

Naja, das stimmt nicht ganz. Ich hätte dieses mal nur ca. 7 Wochen warten müssen, bis GAME OF THRONES auf dem deutschen Pay-TV Sender TNT Serie ausgestrahlt wurde, der wundersamerweise ohne Aufpreis in meinem Kabel-TV Paket enthalten ist. Aber ehrlich gesagt: Wieder wochenlang alle amerikanischen Blogs, Branchenseiten und Twitteraccounts ausblenden? Wo doch gerade das darüber reden, spekulieren und diskutieren direkt nach der Ausstrahlung so ein wichtiger Teil des Erlebnisses ist? Come on!

Auch dieses mal fanden die Episoden irgendwie ihren Weg auf meinen Bildschirm. Doch mein Ehrgeiz war geweckt, denn vielleicht hatte ich ja bloß nicht lange genug nach den legalen Serienangeboten gesucht.

Daher mache ich jetzt ein Experiment, das ich schon monatelang im Hinterkopf habe:

Ich setze mich mit der Kreditkarte bewaffnet vor den Laptop und finde ein legales Streamingangebot, das es mir in Österreich ermöglicht, zeitnah (also maximal 24 Stunden nach der US-Ausstrahlung) meine Lieblingsserien zu sehen.

Denn eines will ich hier klarstellen: Ich möchte meine Lieblingsserien legal im Fernseher ansehen oder über den Computer streamen und dafür bezahlen. Ich will und kann es mir finanziell leisten, und wie gesagt habe ich eine große Wertschätzung gegenüber den Serienmachern, die mir in den letzten Jahren so wunderbare Erlebnisse beschert haben.

Also, lasset das Experiment beginnen!

Ob ich bei meiner Suche den heiligen Serienstreaming-Gral gefunden habe, lest ihr in Teil 2 meiner 3-teiligen Blogminiserie „Das TV-Serien-Streaming-Experiment, oder: Warum wollt ihr mein Geld nicht haben?“.

Comments 6

  1. Post
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    Danke, Michael, auch fürs Erinnern an den Cominc, den habe ich schon wieder vergessen. Aber genau so wie in dem einen Panel bin ich jetzt mit Kreditkarte vor meinem Laptop gesessen!

  2. Die Kombi aus Apple TV, unblock-us und einem US Netflix Abo ist unschlagbar. Bezahlung über US iTunes Gutscheine, auf e bay international gekauft. Und dann Aaron Sorkins THE NEWSROOM geschaut….

  3. Post
    Author

    Ja, ich kenne dieses „Workaround“ (mittlerweile kann man übrigens schon mit österreichischer Kreditkarte zahlen). Aber für mein experiment gilt das nicht. Siehe Teil 2 des Experiments, der in ca. einer halben Stunde online gehen wird.

  4. Pingback: Das TV-Serien-Streaming-Experiment, oder: Warum wollt ihr mein Geld nicht haben? (Teil 2) | Scriptalicious

  5. Pingback: Das TV-Serien-Streaming-Experiment, oder: Warum wollt ihr mein Geld nicht haben? (Teil 3) | Scriptalicious

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