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zurück aus berlin. berlin nervt mich leider immer noch, immer wieder und immer mehr. wobei nerven die sache nicht ganz trifft. deprimieren ist wohl eher das richtige wort.
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am zweiten berlintag. ich stehe in der schlange im plus supermarkt, und die junge frau vor mir hat nur 20 euro, aber essen für mehr im einkaufswagen. die situation wirkt so, als wäre das nicht die ausnahme sondern die regel. die kassiererin zieht einen artikel nach dem anderen über den scanner und gibt den preisstand bekannt: „siebzehnfünfundsechzig.“ „dann bitte noch zwei von den fischdosen.“ „neunzehnneununachtzig.“ „und noch die zwei flaschen erdbeermilch.“ es sind dann zwanzigeuroirgendwas, die frau bezahlt und geht hinaus, und die kassiererin räumt die sachen weg, die sich finanziell nicht mehr ausgegangen sind.
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ich rauche vor dem cinemaxx am potsdamer platz eine abschiedszigarette, bevor ich mich auf dem weg zum fluhafen mache. während der sieben minuten, die das dauert, kommen zwei müllsammler, zuerst eine frau, die eine plastikpfandflasche im müll findet und eine gerade ausgedämpfte nur halb gerauchte zigarette. der mann, der drei minuten später kommt, findet nichts mehr.
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eine freundin von mir, die schauspielerin auf hartz IV ist, zieht jetzt von berlin nach münchen. nicht unbedingt weil sie es sich leisten kann, sondern weil sie weg will von einem umfeld aus anderen schauspielern auf hartz IV, die immer von irgendwelchen „projekten“ erzählen, die sich in wahrheit in versteckten hinterhöfen in form von lesungen oder obskuren improvisationstheatersachen abspielen und nur mit selbstausbeutung und kaum vor publikum und mit geld funktionieren. aber bevor man nichts tut macht man eben das. es fühlt sich beschissen verzweifelt an.
(disclaimer: ich kenne die theaterwelt aus eigener erfahrung. ich weiß nur zu gut, wie die selbstausbeutungssache dort funktioniert. genau deshalb deprimiert es mich. und ich weiß, dass man aus hartz IV offenbar nur dann wieder rauskommt, wenn man eine mehrmonatige festanstellung vorweisen kann. das wird das heer der arbeitslosen schauspieler deutschlands wohl nie mehr schaffen, weil diese branche kaum auf festanstellungen beruht. also einmal hartz IV immer hartz IV. zumindest in dem bekanntenkreis, den ich habe.)
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ich wohne in berlin nicht in den teuren hotels, und ich fahre bus und ubahn. ich gehe in die normalen läden einkaufen. vielleicht springt einem dann das leben ein wenig mehr ins gesicht als wenn man den ganzen tag am potsdamer platz von einem berlinale sektempfang zum nächsten geht. und genau weil mir jedesmal wenn ich in berlin bin mindestend drei solche geschichten passieren, strengt mich diese stadt so an. die meisten menschen wirken auf mich, als wären sie ständig auf dem sprung, um irgendwem etwas entgegenhalten zu müssen, um ihr leben zu verteidigen. sogar die etwas älteren kinder in der ubahn machen auf mich einen angestrengten eindruck. bei meinen ersten besuchen fand ich das noch sehr aufregend. jetzt ist das ist der grund, weshalb mich berlin deprimiert. übrigens habe ich heuer auf der berlinale etliche menschen getroffen, denen es mit dieser stadt ganz ähnlich geht. oder es waren zufällig alles leute, die ihre heimat eben sehr mögen.
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vielleicht braucht man für berlin nur eine rauere schale, eine dickere haut, als ich sie besitze. aber das macht für mich ja auch keinen sinn: eine stadt nur dann auszuhalten, wenn man sich innerlich abschottet und verändern muss. das sind zumindest nicht die herausforderungen, die ich im leben momentan suche.
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die berliner architektur wirkt auf mich, als hätte man ein paar tolle monumente hingestellt, und dann hätte der architektengott willkürlich einen haufen plattenbauten drübergekotzt. (oder ich mag wien zu sehr, um mich auf etwas anderes einzulassen. kann auch sei. ich bin nämlich wirklich immer wieder richtiggehend verliebt in wien. aber echt. oder, wie mir ein bekannter nach unserer landung in wien gestern nacht zuraunte: „boden küssen wär jetzt ein bissl übertrieben vor den ganzen leuten. aber ich bin schon sehr froh, wieder in wien zu sein.“ meine rede.)
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vielleicht wäre das aber alles ganz anders, wenn die berlinale nicht im kalten und nebligen februar sondern im sommer stattfinden würde. und wenn ich nicht nur hinfahren würde, um business zu machen. was weiß man.
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aber natürlich gibt es auch sehr schönes zu berichten. k.’s geburtstagsfeier nämlich, im klötze und schinken. ich hatte k. schon lange nicht mehr gesehen, und wir haben dann zu späterer stunde zu „nimm mich mit“ von zweiraumwohnung getanzt, und überhaupt war das ein ganz wunderbarer abend. danke, k., you made my day (oder besser: you made my whole stay.)
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nach fünf tagen im networking und business modus muss ich heute mal den tag mit wäschewaschen verbringen, um runterzukommen. obwohl ich eigentlich ins büro sollte. egal, es ist ja erst mittag.

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